Programm

An zwei Tagen (Programm Tag 1 und Programm Tag 2) widmen sich Kongressteilnehmer_innen aus allen Hochschulstandorten islamtheologischer Studien gemeinsam mit Wissenschaftler_innen aus Nachbardisziplinen einem breiten Spektrum an wissenschaftlichen Fragen zur theologischen Erforschung des Islams in Texten, Normen und Lebenswelten. In zahlreichen Panels soll die Bandbreite der aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten abgebildet und der Blick dabei besonders auf die inter- und transdisziplinäre Forschung gerichtet werden. Darüber hinaus stehen Fragen zur Fachentwicklung, zu methodischen und theoretischen Querschnittsthemen, zum Verhältnis der islamtheologischen Studien und relevanter Nachbarsdisziplinen und zu komparativen Perspektiven auf unterschiedliche Länder im Fokus.

Das Kurzprogramm zum Kongress können Sie hier herunterladen. Zur Kongressseite 

 

 

Programm Tag 1

 

9:30 bis 10:00

Anmeldung und Empfang

 

10:00 bis 10:30

Begrüßung und Einführung

10:30 bis 12:00

Leitung:  Prof. Dr. Amir Dziri; Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg

 

Das Sich-Beziehen auf Islamische Tradition stößt in gegenwärtigen muslimischen Wissensdiskursen auf ein enormes Interesse. Auffallend ist zugleich, dass es trotz der populären Bezugnahme auf Tradition kaum zu Ausformulierungen einer systematischen Traditionstheorie kommt. Die Rede über islamische Tradition ist daher genauso inflationär wie inhaltlich unscharf und scheint dem islamischen Diskurs der letzten zwei Jahrhunderte vielfach als bloße Orientierungsschablone zu dienen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts lassen sich jedoch verstärkt Ansätze dokumentieren, die sich einer systematischen Konzeption und Erschließung des Begriffs widmen. Die systematische Untersuchung des islamischen Traditionsbegriffs meint also gerade nicht die Behandlung einer beliebigen Fragestellung im muslimischen Kontext unter den Vorzeichen einer vermeintlichen Spannung zwischen Tradition und Moderne. Es geht bei einer solcher Untersuchung vielmehr darum, zu ermitteln, inwiefern sich ein spezifisch islamisches Verständnis des Verhältnisses von Bewahrung, Weitergabe und Veränderung feststellen lässt. Aus einer solchen Aufgabenstellung geht unmittelbar die Frage nach der Wandlungsfähigkeit und den Orten der Aktualisierung islamischer Religionshermeneutik hervor.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Amir Dziri: Das Klagen über die guten alten Zeiten auf Islamisch: Modi der Erinnerung und Modi des Glaubens (Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg)
  • Prof. Dr. Fahimah Ulfat: Bewahrung, Veränderung und Ablehnung von Geschlechterdifferenz bei jungen Muslim_innen (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Prof. Dr. Mouhanad Khorchide: «Meine Gemeinde einigt sich nicht in einem Irrtum»: Die muslimische Gemeinde zwischen Korrektiv rechtmäßiger Aktualisierung und Mittel wertkonservativer sowie identitärer Vereinnahmung (Zentrum für Islamische Theologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

Moderation: Asmaa Dhebi (Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg)

Leitung: Prof. Dr. Mohammad Gharaibeh; Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin

 

This panel tackles a hitherto neglected area in Islamic studies and theology, which is the relation between devotional piety and rituals on the one hand and the construction of normativity through devotional discourses in Islam on the other. Both of these terms – devotional and normative – need to be further conceptualized in ways that highlight both their dependence on canons of texts and their articulations (including, but not limited to the Qur’an and the hadith), as well as social and cultural settings. Thus, devotional piety and normativity should not be considered mutually exclusive and independent, but as overlapping and interdependent. Normativity is constructed in a relational manner, through devotional practices as well as ritual and scholastic interactions. This can be observed in texts, objects, and images, as well as collective and individual rituals. Not being confined solely to the realm of scholarly discourse, the texts under discussion in this panel indicate intersections between intellectual history as well as the history of the body and society.

This panel looks at three different instances of the relation between normative and devotional

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Dženita Karić: Beyond the pure obedience: Ottoman Khalwati regulation of ritual and devotional practices (Berlin Institute for Islamic Theology, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Prof. Dr. Mohammad Gharaibeh: Interaction rituals and normativity: The Hanbalī “Charismatic Leaders” of Damascus in the 12th and 13th century (Berlin Institute for Islamic Theology, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Dr. Eyad Abuali: Figurations of the Body and Cosmos: Diagrams and visual practice in 12th and 13th century Sufism (Berlin Institute for Islamic Theology, Humboldt-Universität zu Berlin)

Leitung: Prof. Dr. Naime Çakır-Mattner, Islamische Theologie, Justus-Liebig-Universität Gießen und Gülbahar Erdem, Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG)

 

Das Panel beschäftigt sich grundsätzlich mit der Frage, wie die praktischen Handlungsfelder der Sozialen Arbeit und Gemeindearbeit mit der Theologie verknüpft werden und welche Bedingungen für einen Brückenschlag in die muslimische Lebenswelt für die Entwicklung professionellen Handelns erfüllt sein müssen. Anhand dieser Handlungsfelder sollen Herausforderungen und Perspektiven, die auf die Entwicklung im Teilbereich der „praktischen Theologie“ Bezug nehmen, formuliert werden. Die Rolle der Theologie für die sozialprofessionellen Handlungsbereiche, die im Rahmen dieses Panels durch eine multiperspektivische Betrachtung erörtert werden, bedarf der Klärung.

In den Panelvorträgen werden zunächst die Entwicklung und der Status quo in den jeweiligen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit und Gemeindearbeit skizziert. Hierbei gilt es, die spezifischen Fragestellungen und Perspektiven aufzugreifen und anhand konkreter Beispiele zu diskutieren. Wie die Theologie in diesen Bereichen verortet ist bildet die zentrale Leitfrage. Des Weiteren sollen folgende Punkte im Verlauf des Panels geklärt werden:

  • Was sind die Gemeinsamkeiten einer lebensweltorientierten Sozialen Arbeit und Gemeindearbeit? Wo liegen ihre Unterschiede und wie können sie für die praktische islamische Theologie erschlossen werden?
  • Haben diese den Status einer „Zubringerwissenschaft“ oder sind sie ein zentrales Element in der professionellen Arbeit helfender und beratender Berufe, die Muslim_innen als Zielgruppe haben, und warum?
  • Kann die islamische Theologie perspektivisch über die Erforschung von Traditionen und historischen Bezügen hinweg ein Raum für gegenwärtiges, gestaltetes und religiöses Handeln und für interdisziplinäre wissenschaftliche Konzepte sein?

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Dr. Naime Çakır-Mattner:Islamische Theologie im Praxisfeld der Sozialen Arbeit. Lebensweltliche Aspekte (Islamische Theologie, Justus-Liebig-Universität Gießen)
  • Christina Lux: ITS-Absolvent_innen im Berufsfeld Soziale Arbeit (Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft)
  • Dr. Ayşe Almıla Akca: Vielfältige religiöse Autoritäten in den Moscheen und die Chancen für eine professionelle Gemeindearbeit (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)

12:30 bis 14:00

Leitung: Prof. Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino, Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

 

Dieses Panel widmet sich Fragestellungen, Ansätzen und Themen, die für die theologische Hadithforschung bezeichnend sind, um die Eigenheit des Fachgebiets näher zu bestimmen und danach zu fragen, wie die theologische Hadithforschung den Hadith als gegenwartsrelevante Ressource für die Islamische Theologie erschließen kann. In der theologischen Hadithforschung wird der Hadith als theologisches Zeugnis, d.h. als Ressource für den Glaubensvollzug, untersucht. Das Quellenmaterial, mit dem die theologische Hadithforschung arbeitet, umfasst alles, was von und über den Propheten überliefert wurde, sowie die Rezeptions- und Reflexionsgeschichte dieser Überlieferung. Das Anliegen der theologischen Hadithforschung besteht aber weder in der Überlieferung des Hadith, wie sie von der klassischen Hadithwissenschaft geleistet wird, noch in der Erforschung muslimischer Gesellschaften und Kulturen, wie sie die Islamwissenschaft vorsieht. Die spezifischen Fragestellungen der theologischen Hadithforschung unterscheiden sich außerdem von den Fragestellungen anderer Fachbereiche der Islamischen Theologie, die etwa nach den dogmatischen, normativen oder ethischen Konsequenzen der prophetischen Verkündigung fragen. Die theologische Hadithforschung entwickelt ihre Fragestellungen vielmehr auf der Grundlage eines hermeneutischen Zugangs zur prophetischen Überlieferung, der darauf abzielt, einen Dialog zwischen dem Hadith und dem Leser zu ermöglichen und die prophetische Tradition als Ort der Begegnung zwischen der islamischen Gemeinde und ihrem Propheten zu untersuchen.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Ulvi Karagedik: Ambiguität der Sunna. Immanente Beispiele diversitärer Hadithzugänge aus der theologischen Wirkungsgeschichte und Bedeutungsdimensionen für die Gegenwart (Institut für Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Karlsruhe)
  • Prof. Dr. Mohammad Gharaibeh: Hadith – Quelle und Dogma islamischer Theologie (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Hossam Ouf: Interkonfessionelle Hadithforschung: Kriteriologie und Exegese des Hadith in der sunnitischen und schiitischen Theologie (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Prof. Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino: Der Prophet Muhammad im Gespräch: Über die Aufgaben und Anliegen der theologischen Hadith-Studien (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)

Leitung: Dr. Mehmetcan Akpınar, Orient- und Islamwissenschaft, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

 

Eine Reihe moralisch-theologischer Vorstellungen über Normen im Koran, die zum Teil auch im islamischen Mainstream stark verankert sind, stellen die Islamische Theologie vor Herausforderungen. Den Beiträgen in diesem Panel liegt die gemeinsame Grundsatzfrage zugrunde: Welche Aspekte in muslimischen Normenkonzepten sind zu hinterfragen bzw. neu zu formulieren und aus welchem Grund?
Während islamwissenschaftliche Studien sich eingehend mit Fragen zur historischen Genese sowohl des Korans oder der theoretischen Rechtslehre beschäftigten, fehlen insbesondere im deutschsprachigen Raum kritische Studien mit theologischer Stoßrichtung. In der islamischen Welt entwickel(te)n einige Denker_innen innovative Ideen zur Neujustierung der islamischen Norm.
Die Beiträge zielen somit darauf ab, in einem ersten Schritt klassische Normenkonzepte zu dekonstruieren und in einem zweiten Schritt Denkanstöße für die Entwicklung zeitgemäßer muslimischer Normen- und Werteverständnisse anzubieten.

Die Resultate können einen fundierten Beitrag zur Weiterentwicklung einer zeitgemäßen koranischen Normen- und Ethiklehre leisten.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Abdelaali El-Maghraoui: Die Normativität des Korans in klassischen Rechtsdiskursen (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Dr. Farid Suleiman: Sünde im Koran (Department Islamisch-Religiöse Studien, Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Prof. Dr. Mohammed Nekroumi: Die koranischen Normenverse zwischen moralischer Botschaft und Textdiachronie (Department Islamisch-Religiöse Studien, Universität Erlangen-Nürnberg)

Leitung: Dr. Ayşe Almila Akca, Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt Universität zu Berlin

 

Islamisch-religiöse Praxis wird oftmals mit Praktizieren der Religion gleichgesetzt und lediglich auf die Häufigkeit des Moscheebesuchs, die Einhaltung religiöser Gebote, rituelle Handlungen oder auf die Anwendung der Kategorien Ḥalāl und Ḥarām bezogen. Verlässt man diese einengende Perspektive, kann man islamisch-religiöse Praxis als soziale Praxis verstehen. Formationen von religiösen Praxen sind durch ein implizites, methodisches und interpretatives religiöses Wissen zusammengehalten und in soziale Räume und Wissensordnungen eingelassen. Mit der Praxis sind Muslim_innen imstande, religiöse Normativitäten herzustellen. Das heißt, dass die handelnden Personen, ihre Routinen, Rituale und Emotionen, ihr Wissen von angemessenen und unangemessenen Handlungen sowie ihre religiöse Erfahrung und den religiösen Sinn an sich als theologisch relevant erachten. So können Untersuchungen über religiöse Texte, Strukturen und Institutionen sowie empirische Forschungen über Einstellungen, Absichten, Motivationen und Ziele im Tun von Muslim_innen durch die Analyse der Performanz des muslimischen Handelns ergänzt werden.

In diesem Panel sollen aktuelle Forschungen zur religiösen Praxis vorgestellt werden, die unterschiedliche thematische Schwerpunkte setzen: Ramadanpraxen, Kunst und Kultur, religiöse Praxen bi-religiöser Familien sowie Ernährung. Die Leitfrage, welchen Erkenntnisgewinn die Praxisforschung für die theologische Forschung leistet, wird in den Einzelvorträgen aus verschiedenen Perspektiven beantwortet.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Ayşe Almila Akca: Die religiöse Praxis im Ramadan – Ein Beitrag zur Frage, wie islamische Normen in und durch die Praxis hergestellt werden (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Dr. Aydın Süer: Die Materialität religiöser Praxis am Beispiel der künstlerischen Betätigung von Muslim_innen in Deutschland (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Mona Feise-Nasr: Die Bedeutung von Prozess- und Strukturkategorien auf die Ausbildung eines ‚interreligiösen Raumes‘ im Nahfeld Partnerschaft (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Leonie Stenske: Islamische Ernährungspraktiken in Berliner Kindertagesstätten (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)

15:00 bis 16:30

Leitung: Prof. Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil, Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

 

Die Beschäftigung mit der islamischen Philosophie, sowohl mit ihren klassischen Schriften und Konzepten als auch mit ihren modernen Ansätzen, führt unvermeidlich zur Auseinandersetzung einerseits mit Konzepten und Schriften, die aus anderen Kulturtraditionen stammen, zum Beispiel altgriechisch, hellenistisch oder westlich, und andererseits mit Konzepten und Begriffen aus anderen Diskursen, die aus der islamischen Kulturtradition heraus entwickelt wurden, zum Beispiel Kalām, Sufismus oder Jurisprudenz. Die Alterität als konstitutiver Charakter in der Herausbildung der Fragen und Hauptprobleme der islamischen Philosophie ist hier besonders hervorzuheben. Die islamische Tradition in ihrer Heterogenität ist durch die Alterität in Definitionsprozessen bemerkenswert geprägt. Eine zentrale Frage, welche die gesamte islamische Ideengeschichte durchgehend polarisierend prägte, ist die Frage der Vernunft (‘aql) versus Tradition (naql). Hier ist die Philosophie das “Andere”, das der Theologie diametral gegenübersteht. Die Beschäftigung mit der Alterität bzw. mit dem Begriff des Anderen in seiner Andersartigkeit in Verbindung mit der islamischen Philosophie verweist vorerst auf zwei Ebenen der Begriffsbildung. Die erste Ebene ist strukturell methodologischer und ontologischer Natur, wobei Kategorien und Definitionsprägungen, wie Kultur und Norm in Bezug auf das intrikate Verhältnis des Selbst zum Fremden bzw. Anderen, reflektiert werden. Hier ist die Herangehensweise eine historisch-interkulturelle und interdisziplinäre. Die zweite Ebene ist eine hermeneutische Orientierung, in der sich, durch eine dekonstruktivistische Annäherung an die Begriffe, weitere Bedeutungs- und Interpretationsmöglichkeiten ergeben könnten. Hier sind philosophische Begriffe, etwa Universalien (kulliyyāt), Partikularen (ǧuzʾiyyāt), Einheit (waḥda) und Pluralität (taʿaddud), näher zu reflektieren. In diesem Kontext lässt sich die Alterität durch die Selbstthematisierung philosophischer Begriffe manifestieren. Sowohl klassische als auch moderne Fragen der islamischen Philosophie sollten anhand der Beiträge thematisiert und reflektiert werden.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Azelarabe Lahkim Bennani: Affekt und Emotionen. Eine rechtsphilosophische Annäherung am Beispiel des islamischen Strafrechtes (Faculty of Letters and Human Sciences, University Sidi Mohamed Ben Abdellah Fès, Marokko)
  • Prof. Dr. Mohamed Turki: Alterität und Interkulturalität (Universität Tunis, Tunesien)
  • Prof. Dr. Detlev Quintern: Zur Philosophie der Einheit bei den Iḫwān aṣ-ṣafā (Türkisch-Deutsche Universität, Fakultät für Kultur und Sozialwissenschaften, Istanbul, Türkei)
  • Prof. Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil: Die Philosophie als das Andere der Religion (Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

Leitung: Dr. Mehmetcan Akpınar, Orient- und Islamwissenschaft, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

 

In jeder großen, gesellschaftsbildenden religiösen Gemeinschaft besteht das Bedürfnis, ein eigenständiges religiös begründetes Wertesystem für den Lebensvollzug des Einzelnen und der Gemeinschaft zu schaffen. Inwiefern Alterität als bereichernd oder bedrohlich wahrgenommen wird, hängt in hohem Maße von den vorherrschenden gesellschaftlichen Bedingungen ab.
Die meisten gegenwärtigen Studien widmen sich dem Phänomen der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Muslim_innen aus soziologischen bzw. politischen Perspektiven (insbesondere Aspekte der sozialen Integration sowie religiös begründeten Radikalisierung), während mentale religiöse Perzeptionen, d.h. Gottes- und Menschenbilder und ihr Einfluss auf Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster gegenüber Andersgläubigen und -denkenden, bisher nur oberflächlich untersucht wurden.
Die Beiträge zielen folglich darauf ab, religiös motivierte Identitätskonstruktionen zu erfassen sowie ihren Einfluss auf den Umgang mit Alterität einzuordnen. Die Resultate sind als Diagnose bzw. Hilfestellung zu verstehen, welche Schwerpunkte bei der Entwicklung zeitgemäßer theologischer Alteritäts-Konzepte gesetzt werden können.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Fahimah Ulfat: Muslimische Jugendliche und ihr Verhältnis zu religiösen Normen (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Prof. Dr. Mouez Khalfaoui: Der muslimische Überlegenheitsanspruch in modernen, pluralen Gesellschaften (Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Saleh Peter Spiewok: Gattungsspezifische Merkmale der ahl al-kitab in der Hadith-Literatur (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)

Leitung: Prof. Dr. Hansjörg Schmid, Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg und Dr. Mahmoud Abdallah, Zentrum für Islamische Theologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

 

Muslimische Seelsorge entsteht in Europa im Kontext weitgehend säkularer Institutionen und im Gegenüber zu christlicher Seelsorge. Um sich etablieren zu können, muss sich muslimische Seelsorge zum einen an bestehenden Standards von Professionalität (etwa im Blick auf die Gesprächsführung oder Adressatenzentrierung) orientieren und zum anderen ihr islamisches Profil aufweisen. Erste Versuche einer Konzeptualisierung orientieren sich vielfach an koranischen Menschenbildern oder an theologischen Grundbegriffen wie Hoffnung, Barmherzigkeit und Prüfung. Welche Potenziale und welche Grenzen weisen diese Ansätze auf? Wie lässt sich ein Proprium muslimischer Seelsorge in einem exklusiven oder auch in einem inklusiven Sinn bestimmen? Welche Rolle spielen dabei empirische Zugänge in Bezug auf institutionelle und länderspezifische Kontexte der Seelsorgepraxis? Diese Fragen sollen mit Fokus auf Seelsorge im Gesundheitsbereich diskutiert werden.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Hansjörg Schmid: Die Profildiskussion im Hinblick auf postsäkulare Räume muslimischer Krankenhaus- und Asylseelsorge (Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg)
  • Dr. Mahmoud Abdallah: Islamische Seelsorge: Kann die „Dauerkrise“ ein Profil haben? (Zentrum für Islamische Theologie,Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
  • Dilek Uçak-Ekinci: Der Fall islamische Seelsorge (Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Freiburg)
  • Fatma Aydinli: Profil der Klinikseelsorge im Schnittfeld der kultursensiblen Versorgung am Lebensende (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)

17:00 bis 18:30

Leitung: Dr. Fatima Çaviş, Institut Islamische Religion, Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems und Dr. Michaela Quast-Neulinger, Institut für Systematische Theologie, Universität Innsbruck

 

Durch den Einzug der islamischen Theologie neben den christlichen Theologien an den Universitäten in Europa in jüngster Zeit rückt der Aspekt der „Interreligiosität“ im akademischen Kontext verstärkt in den Vordergrund. Die islamischen und christlichen Theologien werden durch die neuen Entwicklungen herausgefordert, sich über die möglichen Formen der Zusammenarbeit sowie des Lernens von- und miteinander Gedanken zu machen. Scriptural Reasoning ist dafür ein Paradebeispiel.

Scriptural Reasoning ist ein methodisches Instrument für den interreligiösen Dialog, das vor allem im anglo-amerikanischen Raum sehr verbreitet ist. Die Methode geht auf das Textual Reasoning zurück, das von einer Gruppe jüdischer Philosoph_innen und Theolog_innen in den Anfängen der 90er-Jahre in den USA initiiert wurde. Durch die Teilnahme von christlichen sowie muslimischen Theolog_innen an den Textual Reasoning Sitzungen Ende der 90er-Jahre wurde das Scriptural Reasoning ins Leben gerufen. Dabei handelte es sich ursprünglich um ein freies Gespräch und die Diskussion über ausgewählte Textpassagen aus Thora, Bibel und Koran zu einem bestimmten Thema in kleinen Gruppen von Expert_innen, wobei mindestens ein_e Vertreter_in der jeweiligen religiösen Gemeinschaft anwesend war.

Scriptural Reasoning zielt unter anderem darauf ab, eine „Academic Scriptural Theology“ zu entwickeln, die intellektuelle und spirituelle Tiefe miteinander verbindet. In Rückgriff auf die zentralen Schriften der teilnehmenden religiösen Traditionen und in post-kritischer Manier, sollen Antworten für gegenwärtige Fragen und Herausforderungen gefunden werden (Ochs 2005). Dabei wird über die theologischen Grundannahmen, die eine solche interreligiöse Praxis voraussetzt, bisher zumindest aus christlich- und islamisch-theologischer Perspektive noch nicht hinreichend diskutiert. Unsere Grundthese ist, dass Scriptural Reasoning wesentlich zur Einübung einer dialog- und konfliktfähigen Haltung, wie sie für das Zusammenleben in Pluralität essentiell ist, beiträgt.

Der Workshop hat zum Ziel, die Methode des Scriptural Reasonings aus christlicher sowie islamischer systematisch-theologischer Perspektive zu reflektieren und weiterzudenken. Nach einem Impulsvortrag, der in die Methode des Scriptural Reasonings einführt, wird dies in ein bis zwei Kleingruppen erprobt. Im anschließenden Gespräch mit den Teilnehmenden wollen wir die gesammelten Erfahrungen einholen und unsere angeführte Grundthese auf die Probe stellen. In der Diskussion soll gemeinsam erarbeitet werden, inwieweit Scriptural Reasoning als Grundlage für die systematische Weiterentwicklung einer pluralitätssensiblen islamischen und christlichen Theologie genutzt werden kann.

Leitung: Prof. Dr. Martin Rothgangel, Institut für Religionspädagogik, Universität Wien

 

Hadithe spielen im Kontext islamischer Bildung, Frömmigkeit und religiöser Praxis seit jeher eine tragende Rolle. Demgegenüber fällt auf, dass die wissenschaftliche Reflexion zumindest im deutschsprachigen Raum weitgehend ein religionspädagogisches Forschungsdesiderat darstellt.

Um das Verständnis und die Bedeutung von Hadith und Hadithdidaktik speziell im deutschsprachigen Raum näher untersuchen zu können, wurden basierend auf der Monografie „Hadith und Hadithdidaktik“ (Yaşar Sarıkaya, 2021) insgesamt zehn Thesen formuliert, die sich folgenden drei Themenkreisen zuordnen lassen:

1) Pädagogisches Potenzial der Hadithe,

2) ihre Übersetzung und Auslegung sowie

3) Grundlagen hadithbasierten Lernens

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Yasar Sarikaya: Hadithdidaktik – Thesen zu einem neuen Ansatz für das Lehren und Lernen mit den Hadithen (Islamische Theologie, Justus-Liebig-Universität Gießen)
  • Mehmet Soyhun: Hadithe in gemeindepädagogischen Lehrkontexten (in Moscheen)
  • Deborah Grün: Reflexion der „Thesen für ein neues Lehren und Lernen mit Hadithen“ aus korandidaktischer Perspektive – Chancen und Grenzen einer Übertragung.

Leitung: Dr. Mieke Groeninck, Katholieke Universiteit  Leuven, Niederlande

 

In this panel, we will discuss current attempts towards Islamic authority education (imams and Islamic teachers) in formal and recognized programs at universities and university colleges in Belgium and The Netherlands. In both countries, the debate on the establishment of Islamic authority education programs has been going on since the late 1980’s.

Our first reflection that underlies the analysis of Islamic authority education in the Low Lands deals with the discourses, practices and tactics of the Belgian and Dutch secular problem spaces that provide the contours, criteria and/or structures of (future) Islamic expert programs that are, or will be, organized at formal institutions.

Secondly, we aim to reflect upon the way “state-led attempts at regulating (and securitizing)” Islamic authority education provides “sites of interaction (or even collusion)” with intra-Muslim problematizations of certain ways of theological reasoning and debates about acceptable forms of Islam, or desirable figures of Islamic authority (Fadil, de Koning & Ragazzi 2019, 14). However, ensuing intra-Muslim debates on the “(re)ordering of [expert] knowledge that governs the ‘correct’ form of Islamic practices”, knowledge (curricula) and authorities’ features, also deal with questions of legitimacy both in the eyes of the broader society, but especially also for the Muslim community itself. We analyze these aspects based on three ethnographic case studies, two of which are located in Belgium and one in the Netherlands.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Mieke Groeninck: Attempts towards a Belgian imam education program (Katholieke Universiteit  Leuven, Niederlande)
  • Dr. Welmoet Boender: Unraveling stakeholdership in Dutch imam education programs (Faculty of Religion and Theology, Vrije Universiteit Amsterdam, Netherlands)
  • Naïma Lafrarchi: Navigating alongside the Limits of Mutual Interdependence Flemish Islamic Religious Education (Department of History, Ghent University, Belgium)

Leitung: Prof. Dr. Constantin Wagner, Institut für Erziehungswissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Lena Dreier, Institut für Kulturwissenschaften, Universität Leipzig

Mit welchen religiösen Zugehörigkeiten, Identitäts- und Glaubensvorstellungen identifizieren sich Studierende der Islamischen Theologie vor, während und nach ihrem Studium? In dem Panel soll diese Frage anhand empirischen Materials unterschiedlicher Forschungsprojekte aus verschiedenen nationalen Kontexten diskutiert werden. Dabei werden empirische, geografische als auch religiöse Dimensionen in den Blick genommen. Wie und ob sich Studierende der Islamischen Theologie in Bezug auf ihren Glauben, ihre Religion, Gemeinden und religiöse Praxis verorten, wird vor dem Hintergrund unterschiedlicher, sich ergänzender Perspektiven, in dem Panel auf empirischer Grundlage diskutiert. Ziel ist es dabei, mit Hilfe der jeweiligen Forschungsergebnisse der Einzelprojekte zu debattieren, wie das Verhältnis studentischer Bezüge auf Religion, Glaubenspraxis, religiöse Zugehörigkeit in dem Fach zu beschreiben ist. Angesichts der vielfältigen transnationalen Verbindungen soll dabei ein besonderes Augenmerk auf Studierende aus unterschiedlichen Ländern gelegt werden, und solche, die während oder nach dem Studium den nationalen Kontext wechseln. Damit soll herausgearbeitet werden, wo die Spezifika der Studierenden theologischer Fächer liegen, jedoch auch, wo Unterschiede zwischen dem britischen, türkischen und dem deutschen Kontext zu verzeichnen sind. Weder vergleichende noch länderbezogene Studien zu den Studierenden islamisch-theologischer Studiengänge liegen bislang vor Das Panel soll dazu beitragen, erstens den Sachstand zu Studierenden der Islamischen Theologie zusammenzutragen, und zweitens durch die vergleichende Perspektive diesen Sachstand zu schärfen und Gemeinsamkeiten wie Unterschiede herauszuarbeiten, um schließlich eine etwaige Spezifik des Bezugs auf religiöse Aspekte insbesondere durch den Ländervergleich verständlich zu machen.

Mit dem Panel soll somit zur Klärung der Frage beigetragen werden, wo die Studierenden Bezüge zu Glauben, religiösen Zugehörigkeiten, Gemeinden und zum Islam sowie zu Islamizitäten herstellen und damit zu der viel diskutierten Frage des Verhältnisses von islamischen Gemeinden und Studiengängen, vermittelt über diejenigen Akteur_innen, die hier eine Schlüsselrolle übernehmen: die Studierenden.

 

 

Mit Vortägen von:

  • Maximilian Lasa: Wege zur islamischen Theologie. Deutsche Studierende im Internationalen Theologie Programm an türkischen Universitäten (University of Copenhagen, Denmark)
  • Lena Dreier: Die islamisierten Erfahrungen Studierender der Islamischen Theologie. Das Studium als akademischer Anknüpfungsort zwischen Erfahrung und Fachinteresse (Institut für Kulturwissenschaften, Universität Leipzig)
  • Prof. Dr. Kirstine Sinclair: The Role of Islamic Traditions, Authenticity, and Minority Identity at a Muslim College in the West (Center for Modern Middle East and Muslim Studies and Department of History, University of Southern Denmark)

Programm Tag 2

9:30 bis 11:00

Leitung: Prof. Dr. Maha El Kaisy-Friemuth, Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

 

Der klassische Kalām beschäftigte sich vor allem mit Gott und seinen Attributen. Eine der heftigsten Diskussionen zwischen den islamisch-theologischen Schulen behandelte die Gottesvorstellung. So betrachteten die Muʿtaziliten beispielsweise den Monotheismus als die Erste ihrer fünf Grundlagen. Die Erforschung des Gottesbildes im klassischen Kalām bestand aus der Reflexion der menschlichen Versuche Gottes Essenz und Taten zu begreifen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler dieser Zeit die Erschaffung der Welt, die Ziele der Schöpfung und die Position des Menschen verstehen.

Der moderne Kalām dagegen konzentriert sich auf den Menschen, seine Individualität, seine Wesensart und Sozialität. Muhammad Abduh (gest. 1905), der erste Befürworter der Erneuerung, meinte, dass es viel wichtiger sei, eine Schule als eine Moschee zu bauen. So legte ʿAbduh den Grundstein für einen neuen Weg im Kalām, den in den folgenden Generationen viele andere eingeschlagen haben, die sich mehr mit dem Menschen beschäftigten und ihn ins Zentrum der Offenbarung rückten. Zusätzlich werden Fragen thematisiert, die die gegenwärtige Gesellschaft aufwirft. Es werden gleichzeitig das Individuum und die Gesellschaft als Ganzes untersucht.

Ziel des Panels ist es, diesen Wandel im Kalām, der von der Beschäftigung mit dem Gottesbild bis hin zur Beschäftigung mit dem Menschenbild reicht, wissenschaftlich zu analysieren, und zwar anhand der Werke moderner Denker_innen. Der Wandel vom Gottesbild zum Menschenbild ist eine wesentliche Forschungslücke, die wir in diesem Panel füllen wollen. Vier Beiträge werden sich mit diesem Themenbereich beschäftigen.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Yomna Ṭareef Elkholy: Physics between Classical and Modern Kalām. (Vortragssprache: Englisch) (Faculty of Arts, -Department of Philosophy, Cairo University, Egypt)
  • Ahmed Amer: Die Erschaffenheit des Korans. Neue Lesart und Wandel in der Wahrnehmung (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Mahmoud Abushuair: Das Offenbarungsverständnis im alten und neuen Kalām (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Prof. Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil: „Allah spricht“ (5.119). Die Sprache des Korans, die Sprache des Glaubens. Eine hermeneutische und religionsphilosophische Annäherung an den Koran (Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

Leitung: Dr. Misbahur Rehman, Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam, Goethe-Universität Frankfurt und Tuğrul Kurt (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)

 

Die Forschungsgruppe „Linked open Tafsīr” erstellt eine online abrufbare Datenbank frühislamischer exegetischer Überlieferungen. Basis ist der Korankommentar des muslimischen Gelehrten Abū Ǧaʿfar Ibn Ǧarīr aṭ-Ṭabarī (gest. 310/923) mit dem Titel Ǧāmiʿ al-bayān. Die Datenbank soll die in den Überlieferungen enthaltenen Informationen zu historischen Begebenheiten zur Offenbarungszeit sowie die kulturellen, religiösen, sozialen und sprachlichen Rahmenbedingungen der Entstehung des Korans erfassen. Damit schafft das Projekt eine solide Forschungsgrundlage für wissenschaftliche Überlegungen zur Offenbarungsdynamik des Korans in der frühen Exegese-Tradition. Im Rahmen des Projekts wird ein Annotationsmodell entwickelt, das sich auf Künstliche Intelligenz (KI) stützt. Die Datenbank ermöglicht es, die Fülle an Überlieferungen zu den Offenbarungsanlässen und -ereignissen gezielt zu kategorisieren und somit die elektronische Suche zu erleichtern. Die Arbeit mit der KI schafft damit eine Grundlage für zukünftige Forschungen.

In diesem Panel möchte die Forschungsgruppe die erstellte Datenbank mit ihren Suchfunktionen vorstellen und über Vor- und Nachteile von Kategorisierungsmöglichkeiten sprechen. Als Fallbeispiel dienen die Überlieferungen aus dem Makroumfeld des Korans.

Panelleitung: Prof. Dr. Thomas Lemmen

In der Frage islamischer Bestattungen in Deutschland lässt sich ein zweifacher Wandel feststellen. Zum einen haben die Länder ihre Regelungen im Friedhofs- und Bestattungsrecht an die Erfordernisse islamischer Bestattungen angepasst. So berücksichtigen die meisten Bestattungsgesetze weitgehend religiöse Wünsche und Bedürfnisse von Muslim_innen. Bei der Einrichtung islamischer Grabfelder auf kommunalen (und zum Teil kirchlichen) Friedhöfen sowie der Durchführung islamischer Bestattungen ist es zu bemerkenswerten Abstimmungen und Regelungen gekommen. So ist zum Beispiel mittlerweile auf knapp achtzig Prozent der islamischen Grabfelder eine Bestattung ohne Sarg möglich.

Zum anderen ist nicht zu verkennen, dass es auch auf muslimischer Seite zu bemerkenswerten Wandlungen gekommen ist. Selbst dort, wo es möglich ist, verzichten muslimische Angehörige mitunter auf eine Beisetzung ohne Sarg. Knapp zwei Drittel der islamischen Grabfelder weisen doppel- oder mehrstellige Grabstätten aus, was als Novum islamischer Bestattungen zu betrachten ist. Obwohl vom islamischen Recht nicht vorgesehen, hat sich mittlerweile auch eine Kultur der Grabpflege etabliert.

Diese Wandlungen möchte der Roundtable zur Sprache bringen und im Austausch von Theorie und Praxis reflektieren. Folgende Themen stehen dabei im Fokus: Welche Fragen im Zusammenhang islamischer Bestattungen in Deutschland sind noch zu klären? Welchen Beitrag können Islamische Theologie und Islamisches Recht dazu leisten?

An der gemeinsamen Diskussion sind u.a. beteiligt:

  • Prof. Dr. Serdar Kurnaz
  • Dr. Özgür Uludağ
  • Prof. Dr. Thomas Lemmen

11:30 bis 13:00

Panelleitung: Prof. Dr. Catharina Wenzel

„CMR1900: Christian-Muslim Relations, a Bibliographical History Online” ist ein bibliographisches Nachschlagewerk, das die Beziehungen zwischen den beiden Religionen thematisiert, und zwar so wie sie in Werken von Christ_innen und Muslim_innen über oder auch gegen den jeweils anderen dargestellt werden. Dieses Panel steht im Zusammenhang mit der Edition und Erarbeitung von Beiträgen für den Band 17 (Großbritannien, Niederlande und Skandinavien), sowie Band 22 über Zentral- und Osteuropa.

Mit Vorträgen von:

  • Benno Herr: Von Boḫārā bis Kābūl – zentralasiatischer Islam in den Reiseberichten des Missionars Joseph Wolff (1795–1862)
  • Dr. Stanislaw Grodz: Islam – das „verkapselte Christentum“? Betrachtungen und Meinungen christlicher Theologen und Missionare in Zentraleuropa.
    im 19. Jahrhundert.
  • Prof. Dr. Catherina Wenzel: Konstellationen und Diskurse in Zentraleuropa im 19. Jahrhundert

Leitung: Hadil Lababidi, Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Mit der Beheimatung von Muslim_innen in Deutschland sowie dem demografischen Wandel gewinnen zahlreiche medizinethische Fragen für Patient_innen, Angehörige und Ärzt_innen, insbesondere am Lebensende, an Bedeutung. Das Panel setzt am Schnittpunkt zwischen der islamischen Theologie und Normativität an, um damit Rahmenbedingungen für intensivmedizinische Entscheidungen am Lebensende für Muslim_innen in Deutschland zu stellen. Hierzu werden Dilemmata bei einer religionssensiblen Patient_innenverfügung, darunter die umstrittene Sondenernährung, für betroffene Akteur_innen und Institutionen analysiert.

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Martin Kellner: Medizinethische Entscheidungsdilemmata am Lebensende älterer Menschen muslimischen Glaubens (Institut für Islamische Theologie, Universität Osnabrück)
  • Hadil Lababidi: Künstliche Ernährung am Lebensende bei Demenz (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)

Moderation: Dilek Uçak-Ekinci (Doktorandin am Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft, Universität Fribourg und der Professur Spiritual Care der Universität Zürich)

Leitung: Dr. Asmaa El Maaroufi (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

 

Zunehmend wird erkannt, welch wesentliches Potenzial Religionen im Umwelt- und Naturschutz mit sich bringen. Aufgrund dessen wird weltweit verstärkt mit Hilfe von Akteur_innen verschiedener Religionsgemeinschaften an die jeweiligen religiös-kulturellen Werte appelliert, um auf diese Weise reflektiertes Denken und Handeln zu fördern. Es bedarf demnach zweierlei, um das Potenzial der Religionen nutzen zu können: Zum einen muss mithilfe theoretisch-theologischer Grundüberlegungen ein religiöses Selbstverständnis begründet werden, zum anderen muss dieses religiöse Selbstverständnis Einzug in die religiöse Praxis finden. Beide bedürfen sich gegenseitig, insofern die Theorie, die (auch) eine ethische ist, den Anspruch auf Umsetzung in die Praxis sehen möchte. Zugleich bedarf die religiöse Praxis jedoch einer fundierten Theorie, mit deren Hilfe sich religiöses Selbstverständnis erst ereignen kann, was zu einem notwendigen Moment für das gelingende Umweltbewusstsein wird. Fragt man an dieser Stelle nach der islamischen Theologie und ihrer Rolle hierbei, so stellt sich die Frage, wie theoretisch-theologische Grundgedanken einer islamischen Umwelttheologie in die gelebte Praxis Einzug finden können? Wie lässt sich überhaupt Umweltbewusstsein in der islamischen Glaubensgemeinschaft etablieren? Welche räumlichen, aber auch inhaltlichen Synergien sind hierfür nutzbar zu machen? Welche Rolle sollte der Theologie, der Religionspädagogik, aber auch den jeweiligen muslimischen Umweltschutzvereinen und ihren Akteuer_innen zukommen? Auf eben diese und weitere Fragen gilt es im Rahmen dieser Podiumsdiskussion Bezug zu nehmen.

Unter Beteiligung von:

  • Dr. Asmaa El Maaroufi (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
  • Dr. Ayşe Almıla Akca (Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Baraa Abu El-Khair (NourEnergy e.V.)
  • Dr. Sara Binay (Humbold-Universität zu Berlin)

Leitung: Prof. Dr. Tarek Badawia/ Dr. Said Topalovic (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)

Der Islamunterricht an öffentlichen Schulen in Deutschland befindet sich gegenwärtig, nach gut zwei Jahrzehnten der Erprobung, in einer systemsensiblen Übergangsphase zur Verstetigung. Jenseits der bisher dominanten Strukturdebatte um die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft „der“ Muslim_innen und um die Einrichtung eines bekenntnisorientierten Religionsunterrichts nach GG § 7, Art. 3, rückt die Frage nach der Professionalität der Islamlehrkräfte stärker in den Mittelpunkt. Die Zukunftsfähigkeit des Islamunterrichts wird zunehmend von der Professionalität von Islamlehrkräften abhängig gemacht. Bei diesem Thema besteht weiterhin dringender Forschungsbedarf.

In diesem Panel soll die Professionalisierungsdebatte im Kontext des Islamunterrichts skizziert und vertieft werden. Als Diskussionsgrundlage dienen Beiträge aus den ersten empirischen Studien zur Professionalität von Islamlehrkräften im deutschsprachigen Raum. Die empirischen Ergebnisse sollen sowohl als Beiträge zur theoretischen Modellierung des neuen Handlungsfelds als auch als mögliche Impulse zur Professionalisierung der Aus- und Fortbildung von Islamlehrkräften reflektiert werden.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Tarek Badawia/Dr. Said Topalovic: Professionelles Lehrerhandeln im Islamunterricht – eine fallanalytische Einführung in die Thematik (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Dr. Naciye Kamcılı Yıldız: Fachspezifische Kompetenzen von islamischen Religionslehrlkräften( Universität Paderborn)
  • Dr. Mehmet Hilmi Tuna: Durchsetzungsprozesse als Voraussetzung von Professionalisierung Islamischer Religionslehrkräfte (Universität Innsbruck)
  • Prof. Dr. Tarek Badawia/Dr. Said Topalovic: „Reflexive Selbstverortung“ als strukturtheoretische Kernidee professionellen Handels. (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Universität Salzburg)

15:30 bis 17:00

Leitung: Prof. Dr. Maha El-Kaisy-Friemuth, Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Die Beiträge in diesem Panel befassen sich mit der Interdisziplinarität zwischen der Kalāmlehre und anderen islamischen Wissenschaften und Fachbereichen. Viele voneinander unabhängige Einzelwissenschaften im islamischen Kontext überschneiden sich mehr oder weniger nicht nur in Bezug auf die Ansätze und Methoden, sondern auch im Prozess der Textinterpretation. In diesem Panel werden wir den Einfluss des Kalām auf die islamische Kunst verfolgen. Hierfür ist ein Beitrag vorgesehen, der die Kalāmlehre als gedanklichen Hintergrund der persischen Malereien analysiert. In Bezug auf die Beziehung zwischen Theologie und den literarischen Studien sind zwei Beiträge vorgesehen: der erste Beitrag untersucht den Einfluss des Kalām auf die Gedichte Muhammed Iqbals, während sich der zweite Beitrag mit der literarischen Rezeption des Korantexts und deren Beziehung zu dem traditionellen Diskurs über die Unnachahmlichkeit des Korans (Iʿǧāz) auseinandersetzt.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Mohammed Abdel Rahem: Vernunft und Offenbarung in der islamischen Theologie und im islamischen Recht (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Muhammad Ragab: Wir erzählen dir die schönsten Geschichten: Die literarische Rezeption des Korantexts (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Prof. Dr. Maha El-Kaisy-Friemuth: Der Einfluss des Kalām auf persische Malereien (Department Islamisch-Religiöse Studien, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Dr. Christiane Paulus: Die Relevanz der Religionssoziologie für die islamischen Studien. Koranische Lebenswelten (Al-Azhar Universität Kairo, Ägypten)

Leitung: Tuğrul Kurt, Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin

 

Syriac Christianity has played a significant role in the development of various Islamic disciplines during their formative period. This impact is especially evident in Muslim exegetical literature. Syriac Christianity did not only influence the secular disciplines in the emerging Islamic world, but Islamic theology and Qurʾanic exegesis also profited from an exchange with Syriac Christians. The Quran presents the narratives and histories of ancient peoples and previous prophets in a somewhat compressed manner often omitting specific details. In many cases, these gaps are filled by various Christian and Jewish sources referred to as Isrāʾīliyyāt by the Muslim exegetical tradition.

This panel takes a closer look at the impact of Syriac Christian sources on the Islamic tafsīr tradition using the Cave of Treasures as an example. This text was known among both East and West Syrians. It recounts the history of humankind from Adam to Jesus. It can be regarded as a Heilsgeschichte of Syriac Christianity being representative of their mental, cultural and religious worldview. Even after the rise of Islam, the Cave of Treasures continued to influence Muslim scholars leaving its mark in Muslim exegetical works until the medieval period.

 

Mit Vorträgen von:

  • Dr. Zafer Duygu: Religion and Identity – Some Observations in the Context of Syriac Christians (Dokuz Eylül University Izmir, Türkei)
  • Dr. Daniel Birnstiel: Syriac Christianity in Islamic Sources – Perceptions of Linguistic Identity (Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam, Goethe-Universität Frankfurt)
  • Tugrul Kurt: The Impact of the Cave of the Treasures on the Isrāʾīliyyāt Materials of Islamic Exegesis (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin)

Leitung: Prof. Dr. Nimet Şeker, Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt Universität zu Berlin und Dr. Ali Ghandour, Zentrum für Islamische Theologie, Universität Münster

 

Bei einem Rückblick auf das zehnjährige Bestehen des akademischen Fachs Islamische Theologie an deutschen Universitäten zeigt sich eine Vielfalt an Methoden und Forschungsfeldern. Dabei sind die Erforschung von Themen wie Körper, Körperpraktiken, Sexualität und die geschlechter-codierte kulturell-religiöse Symbolik in diesem Feld trotz der großen gesellschaftlichen Relevanz noch unterrepräsentiert. In diesem Panel widmen sich drei Referent_innen aus interdisziplinärer Perspektive der Frage, wie in normativen Quellen und theologischen Diskursen Körperkonzepte sowie Fragen der Körperlichkeit und Sexualität repräsentiert und konstruiert werden. Das Panel widmet sich theologisch-normativen Denk- und Erzählräumen, in denen Fragen zu Recht, Ethik, Gottes- und Menschenbild anhand des Umgangs mit Körpern und Körperlichkeit verhandelt werden. Die dabei unternommene Denkbewegung fließt nicht – wie im modernen muslimischen Denken häufig gefordert – von normativen Quellen zur menschlichen Handlungswelt im Sinne der Frage: „Wie sollen sich gläubige Muslim_innen verhalten?“ Vielmehr erschließen die Panelist_innen unterschiedliche performative Aspekte der Diskurse um Körper und Sexualität. Die Vortragenden widmen sich Fragen wie dem Zusammenhang zwischen Performativität und körperlicher Identität und der Bedeutung von fluiden Körperkonzepten mit Blick auf ihren theologischen Gehalt.

 

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Nimet Şeker: Wa-laysa ḏ-ḏakaru ka-l-unṯā. Geschlechtliche und ungeschlechtliche Körper in der koranischen Maria-Erzählung (Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt Universität zu Berlin)
  • Dr. Ali Ghandour: Die Geschichte eines muslimischen Körpers? (Zentrum für Islamische Theologie, Universität Münster)
  • Leyla Jagiella: Trans-normale Körper – eine kurze muslimische Kulturgeschichte

Leitung: Prof. Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil, Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

Mit Vorträgen von:

  • Prof. Dr. Gudrun Guttenberger: Pluralität im Religionsunterricht – Diskussionen im christlichen Religionsunterricht (Evangelische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)
  • Dr. Abdel-Hafiez Massud: „Gottesattribute im Islam als Zugang zur Pluralitätsfähigkeit“
  • Gökçen S. Tamer-Uzun: Pluralität im Klassenzimmer des Islamischen Religionsunterrichts und in der Lehrer_innenausbildung (Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)
  • Prof. Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil: Religiöse Pluralität in der Lehre, Herausforderungen und Chancen für die islamische Theologie / Religionspädagogik (Islamische Theologie/Religionspädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)