Falsafa-Netzwerktreffen nimmt Transfer in Schule und Lehre in den Blick
Ende Juni hat das dritte interdisziplinäre Netzwerktreffen der AIWG-Projektwerkstatt „Falsafa in die Schule“ in Hamburg stattgefunden.
Das zweitägige Treffen stellte den letzten interdisziplinären Austausch vor Finalisierung der im Projekt erstellten Materialien für schulische und universitäre Bildung zur islamisch geprägten Philosophie dar. Dementsprechend stand der erste Tag ganz im Zeichen der bisherigen Ergebnisse. Grundsätzliche Fragen im Projekt sind etwa die umfassende Definition von Falsafa als islamisch geprägte Philosophie und das Verhältnis von Falsafa zu Islamischer Theologie.
Diese und weitere Fragen sollen im Einleitungskapitel des Falsafa-Readers behandelt werden, der in einer Lehrveranstaltung im kommenden Wintersemester am Institut für Islamische Theologie an der Universität Hamburg erprobt werden soll. Er bietet Lehramtsstudierenden in den Fächern Philosophie sowie katholische, evangelische und islamische Religion anhand ausgewählter Auszüge aus philosophischen Texten eine Einführung in die islamisch geprägte Philosophie. Dabei wird historisch vorgegangen und ausgehend vom „Vater der arabischen Philosophie“ al-Kindī (gest. 873), über Größen der islamischen Klassik wie al-Fārābī (gest. 950) und al-Ġazālī (gest. 1111) bis hin zu zeitgenössischen Denker_innen ein epochenübergreifender Einblick bis in die Gegenwart gewährt.
Unterrichtsmaterialien zu vier Themen für den Schulunterricht erstellt hingegen das Georg-Eckert-Institut in Braunschweig. Auch hier wurden epochenübergreifend Beispiele aus der „klassischen“ und „post-klassischen“ Periode sowie der „Moderne“ ausgewählt: von al-Fārābī, über Ibn Ṭufayl (gest. 1185), Ibn Ḫaldūn (gest. 1406) bis zu Ṣādiq al-ʿAẓm (gest. 2016). Ein im Kontext des Projekts identifiziertes Problem ist die bisher kaum erfolgte Übersetzung von islamisch geprägten, philosophischen Quellentexten ins Deutsche, was eine wesentliche Herausforderung beim Transfer in den Schulunterricht darstellt.
Dem Verhältnis von Glaube und Vernunft, insbesondere in zeitgenössischen Debatten widmete sich der zweite Teil des Treffens. Mit Fachvorträgen aus den Islamisch-Theologischen Studien – etwa zu ʿAbd al-Ǧabbār ar-Rifāʿī (geb. 1954) und ʿAbd al-Bārī an-Nadwī (gest. 1976) – wurde das Spannungsverhältnis zwischen Vernunft und Glaube in modernen Kontexten aufgegriffen. Unter Einbeziehung von Perspektiven aus Schuldienst und Bildungsministerien wurde anschließend konkret der Transfer von Falsafa in den Schulunterricht diskutiert. Ein Kernergebnis ist die Anschlussfähigkeit islamisch geprägter Philosoph_innen an bereits im Schulunterricht zu behandelne Konzepte, darunter weltanschauliche Konzepte wie Gottesbeweise oder die Theodizee-Frage, aber auch alltagsrelevante Thematiken wie Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Umwelt.
Die AIWG Projektwerkstatt „Falsafa in die Schule“ wird am Leibniz-Institut für Bildungsmedien|Georg-Eckert-Institut Braunschweig und am Institut für Islamische Theologie an der Universität Hamburg umgesetzt.
Mehr zur AIWG-Projektwerkstatt können Sie in unserer Projektbeschreibung oder im Interview mit den Wissenschaftler_innen nachlesen.