Linked Open Tafsīr

Projektbeschreibung

Ziel des Projekts war die Erstellung einer online abrufbaren Datenbank frühislamischer exegetischer Überlieferungen auf der Grundlage des Korankommentars (Tafsīr) des muslimischen Gelehrten aṭ-Ṭabarī (gestorben 310 AH/923 AD). Die Datenbank umfasst die in den Überlieferungen enthaltenen Informationen zu historischen Begebenheiten zur Offenbarungszeit sowie zu den kulturellen, religiösen, sozialen und sprachlichen Rahmenbedingungen der Entstehung des Korans. Damit ist eine solide Forschungsgrundlage für wissenschaftliche Überlegungen zur Offenbarungsdynamik des Korans in der frühen Exegese entstanden. Die Datenbank ist so angelegt, dass jederzeit weitere Kompilationen von Überlieferungsmaterialien hinzugefügt werden können. Die am Projekt beteiligten Wissenschaftler_innen reflektierten die entstehenden Zugänge zur frühen Textinterpretation in ihren Forschungsprojekten im Hinblick auf das Islamische Recht (Fiqh), die Systematische Theologie (Kalām), die Ḥadīṯwissenschaft, die Tafsīrgeschichte und die Religionspädagogik.

 

Arbeitsschritte

Aus der Sammlung bereits digital verfügbarer Überlieferungen des Kommentarwerks von aṭ-Ṭabarī entstand ein erster digitaler Textkorpus.  Darauf aufbauend entstand die Datenbank, die alle in den exegetischen Überlieferungen erhaltenen Informationen über das Mikroumfeld, Makroumfeld und Sprachumfeld des Korans erfasst, markiert, vernetzt und auffindbar macht. Die technische Entwicklungsarbeit und die inhaltliche Bearbeitung des Textmaterials setzten die Projektbeteiligten gemeinsam um Die Kategorisierung und Strukturierung der Informationen nahmen wiederum eine Vielzahl von Wissenschaftler_innen vor. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt lag beispielsweise in der Erschließung der Überliefererketten (Isnāde), durch welche die Informationen in den Hadithen überliefert wurden. Dementsprechend sind auch diese sowie die einzelnen Tradent_innen erfasst worden.

 

Nutzungsmöglichkeiten der Datenbank

Die Datenbank kann entsprechend verschiedener Forschungsinteressen genutzt werden, sowohl einzelne Suchanfragen als auch eine multiple Suche sind möglich. So lassen sich beispielsweise alle exegetischen Überlieferungen aus dem Werk aṭ-Ṭabarīs, die verschiedene Koranverse mit einer bestimmten Person in Verbindung bringen, in einem einzigen Suchvorgang auffinden. Ebenso lassen sich durch die Datenbank unmittelbar Teilkorpora anzeigen, die über dieselben Tradent_innen überliefert worden sind. Die Funktionalität der Datenbank sowie exemplarische Suchmöglichkeiten werden in Form eines YouTube-Tutorials vorgestellt.

 

Vorteile einer digitalen Koranexegese

Das innovative Potenzial des Projekts liegt vor allem in seinem digitalen Forschungsansatz: Während bislang existierende Ansätze bei der Erschließung der in der muslimischen Tradition vorfindlichen außerkoranischen Informationen über die Historizität des Korans vor allem textimmanent vorgehen, nutzt das Projekt die Möglichkeiten der Digital Humanities und ermöglicht durch die Datenbank den Zugang zu ergänzenden Informationen. Dies wird voraussichtlich auch neue Bedeutungsmöglichkeiten für einzelne Koranpassagen sowie alternative Geschichtsschreibungen zur Korangenese und Islamentstehung generieren.

In der Forschungsgruppe arbeiteten Wissenschaftler_innen der Standorte Frankfurt am Main, Gießen und Berlin zusammen. In Frankfurt lag der Schwerpunkt auf der Datenbankerstellung und der Reflexion der Bedeutung der Projektergebnisse für die beteiligten Disziplinen der Islamischen Theologie. Gießen reflektierte die Relevanz der Ergebnisse für die Religionspädagogik, während der Schwerpunkt in Berlin auf Islamischem Recht lag. Um die Methoden und Ergebnisse mit der Fachwelt zu diskutieren, wurden regelmäßig Workshops und Konferenzen durchgeführt. In Gießen fanden beispielsweise Workshops zur Gemeindearbeit und Korandidaktik für Lehrer_innen statt, die sich mit der Verwendung des exegetischen Materials in ihren Arbeitsfeldern beschäftigt haben.

 

Projektleitung

Prof. Dr. Ömer Özsoy, Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam, Goethe-Universität Frankfurt

Prof. Dr. Yasar Sarikaya, Professur für Islamische Theologie und ihre Didaktik, Justus-Liebig-Universität Gießen

Prof. Dr. Serdar Kurnaz, Berliner Institut für Islamische Theologie, Humboldt-Universität zu Berlin

 

Projektergebnisse 

 

Veranstaltungen

 

Veröffentlichungen

Hauptergebnis der Longterm-Forschungsgruppe sind neben der Projektwebseite und der Datenbank ein Sammelband und eine Sonderausgabe.

 

Weitere Veröffentlichungen aus der Forschungsgruppe 

  • Kurt, Tugrul: Die isrāʾīliyyāt- Rekonstruktion oder Biblisierung des Korans? Versuch einer Analyse der Funktion und Nutzung der jüdisch-christlichen Überlieferungen in der islamischen Exegesetradition. In: Özsoy,Ömer (Hrsg.): Frankfurter Zeitschrift für islamisch-theologische Studien, Band 5 (2020), Berlin 2021, S. 183-196.
  • Özsoy, Ömer: Die Koranexegese im Spannungsfeld zwischen Kompositionalität und Kontextualität: Text, Geschichte und Erfahrung. In: Dirk Ansorge / Bernhard Knorn (Hrsg.): Zwischen Dogma und Erfahrung – Figuren der Glaubensbegründung im Dialog der Religionen, Aschendorff, Münster 2021, S. 153-166.
  • Rehman, Misbahur: Islam, Quran and Science. A Look into the Models of Conflict and Harmony. In: Özsoy,Ömer (Hrsg.): Frankfurter Zeitschrift für islamisch-theologische Studien. Band 5 (2020), Berlin 2021, S. 85-104.
  • Sarıkaya, Yaşar: Hadith und Hadithdidaktik: Eine Einführung, UTB. Paderborn 2021.
  • Soyhun, Mehmet: Tagungsbericht zu „Digitale Tagung „Hadithdidaktik – Wie lassen sich die Hadithe in Lehr- und Lernprozessen didaktisch-konstruktiv einsetzen?“ (09.06.2021). In: HIKMA 2021, Jg. 12, Heft 2, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, S. 219-223. ISSN: 2191-0456 (print), 2365-4945 (online)

 

Videoproduktion

Innerhalb der Projektlaufzeit hat die Forschungsgruppe drei Videos produziert und mit Untertiteln in verschiedenen Sprachen, darunter Arabisch, Bosnisch, Englisch, Persisch, Russisch und Türkisch veröffentlicht.

 

Digitale Angebote

  • Projektwebsite: Diese Website wurde für die allgemeine Öffentlichkeit erstellt. Sie soll die Projektarbeit nach Außen präsentieren und interessierte Nutzer_innen auf die weiteren im Zuge des Projekts entstandenen Websites verweisen. Außerdem ist vorgesehen, zusätzliche relevante Tools, die auf die eigene Arbeit der Projektmitarbeiter_innen außerhalb des Projekts zurückgehen, nach dem Abschluss der Projektarbeit auf der Website zu veröffentlichen, beispielsweise Koranchronologie, Koranbibliografie, Koranindex etc. Zur Projektwebseite
  • Website zur Abschlusskonferenz der Projektgruppe „Reconstructing the Dynamics of the Emergence of Islam – Possibilities and Limits – On the Occasion of Completing the First Phase of the Linked Open Tafsīr Database“. Zur Konferenzwebseite. Mitschnitte einzelner Vorträge der Abschlusskonferenz zum Projektende werden nach und nach auf dem YouTube Kanal „Frankfurter Koranstudien“ der Universität Frankfurt veröffentlicht.
  • Datenbank: Die Betaversion der Datenbank konnte im August 2022 freigeschaltet werden. Zur Datenbank

 

 

Projektlaufzeit

Ende August 2018 – August 2022