Welchen Berufsweg schlagen Absolvent_innen der Islamischen Theologie ein?
Unter dem Titel „Islamische Theologie studieren – Erfahrungen und Bedarfe während und nach dem Studium“ hat die AIWG am 19. Juni 2023 ihren 30. Roundtable auf dem Campus Westend an der Goethe Universität in Frankfurt veranstaltet. Insgesamt 12 Vertreter_innen aus den islamisch-theologischen Studien sowie aus der muslimischen Zivilgesellschaft nahmen am Diskussionsformat teil.
In welchen Berufen arbeiten Absolvent_innen der islamischen Theologie in Deutschland? Dieser Frage ging die Verbleibstudie „Berufsfeld Islam?“ nach, die von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft gemeinsam mit der Universität Gießen, Dr. Naime Cakir-Mattner, Professorin für Islamische Theologie mit Schwerpunkt muslimische Lebensgestaltung, und der Universität Mainz, Dr. Constantin Wagner, Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Heterogenität, durchgeführt wurde.
Einige Ergebnisse dieser Studie wurden im Rahmen des Roundtable vertieft vorgestellt, um gemeinsam mit Wissenschaftler_innen der islamisch-theologischen Studien sowie Vertreter_innen der muslimischen Zivilgesellschaft und Verbände gemeinsam zu diskutieren.
Zum einen arbeiten Absolvent_innen nicht unbedingt in den beruflichen Sektoren, für die sie während ihres Studiums Qualifikationen erworben haben. Zum anderen zeigt sich, dass sich Absolvent_innen immer wieder handfester Diskriminierung im beruflichen Alltag ausgesetzt sehen. Insbesondere Referendar_ innen und Lehrer_ innen für islamische Religion berichteten von Wiederständen und Rassismuserfahrungen und fühlten sich in der Ausübung ihres Berufs teils behindert.
Eine der größten Herausforderungen, vor der Studierende der islamisch-theologischen Studien stünden, sei eine für sich passende Berufsperspektive zu finden. Häufig würden Absolvent_innen nach dem Studium Berufe ausüben, die sie auf ihre als Muslim_innen gelesene Identität reduzierten. Ein Beispiel sei die Arbeit in der Flüchtlingshilfe. Als eine mögliche Lösung zwischen „eine Berufsperspektive für sich selber zu finden und in Berufen zu „landen““, in denen Absolvent_innen auf ihre Identität reduziert werden, wurde in der gemeinsamen Diskussion der Vorschlag erarbeitet, eine Art Mentoring-Programm für Studierende einzuführen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war das Studienergebnis, dass nur wenige Absolvent_innen der islamisch-theologischen Studien später als Imame arbeiten würden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Von Erwartungen der Absolvent_innen an professionellere Strukturen innerhalb der Verbände, über einen Mangel an Ressourcen bis hin zu unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Während Politik und Gesellschaft teilweise die Erwartung hätten, dass Lehrinhalte in den islamisch-theologischen Studiengänge zum Imamberuf befähigen sollten, betonten Professor_innen des Studiengangs, dass eben dies nicht genuiner Bestandteil der universitären Lehre im Bereich islamisch-theologische Studien sei.
Abschließend waren sich alle Anwesenden einig, dass nach zehn Jahren der islamisch-theologischen Studien an deutschen Universitäten die Perspektive auf mögliche Berufsfelder der Absolvent_innen noch stärker innerhalb des Studiums in den Blick genommen werden müsse. Die Verbleibstudie „Berufsfeld Islam“ liefert hierfür wichtige Ergebnisse, auf deren Basis gezielt an Ausbildungsinhalten und Curricula gearbeitet werden kann.