Was bedeuten die Neuregelungen zum äußeren Erscheinungsbild von Beamt_innen für Muslim_innen?
Die AIWG hat am 16. September unter dem Titel „Gesetzliche Neuregelung des äußeren Erscheinungsbilds von Beamt_innen und seine Implikationen für Muslim_innen“ ihren 22. Roundtable veranstaltet. An dem digital durchgeführten Roundtable nahmen Wissenschaftler_innen, Vertreter_innen aus Politik und Stiftungen sowie Akteur_innen aus der muslimischen Zivilgesellschaft teil.
Nach der Begrüßung durch die AIWG begann der Roundtable mit einem Kurzimpuls zur Rezeption der gesetzlichen Neuregelung innerhalb der muslimischen Zivilgesellschaft.
Dort werde die Neuregelung, die erst durch das zivilgesellschaftliche Engagement einzelner überhaupt öffentlich wurde, häufig als Kopftuchverbot durch die Hintertür wahrgenommen. Dabei zeige sich in Teilen die Wahrnehmung, dass dem Gesetz eine islam-/muslimfeindliche Haltung und Absicht zugrunde liege. Dem Eindruck widersprachen andere Diskussionsteilnehmer_innen, die auf Verwaltungslogiken und -abläufe verwiesen und keinerlei religionsfeindliche Absichten der Verfasser_innen erkennen konnten. Hierbei wurde angemerkt, dass das Gesetz im Eilverfahren kurz vor der Bundestagswahl geschrieben und verabschiedet worden sei.
Letztlich waren sich alle Teilnehmer_innen einig, dass es übergreifende Foren des Austauschs geben sollte, innerhalb derer man über die verschiedenen Wahrnehmungen und Maßnahmen ins Gespräch kommen könne.
Im zweiten Teil des Roundtable erfolgte eine Einordnung der gesetzlichen Neuregelung aus juristischer Perspektive. Demnach ließe sich aus dem Gesetzestext kein allgemeines Kopftuchverbot für den Öffentlichen Dienst ablesen. Die Kritik am Gesetz aus dem ersten Impuls wurde jedoch geteilt. Bei der Aufnahme religiöser Symbole in den Gesetzestext werde von der äußerlichen Erscheinung pauschal auf das Verhalten des/der Träger_in geschlossen.
Auch erfolge keine Unterscheidung nach den Funktionen und Aufgaben von Beamt_innen. So mache es schließlich einen großen Unterschied, ob es sich um eine Tätigkeit bei Gericht, mit Publikumsverkehr oder um eine Tätigkeit, die ausschließlich im Innendienst ausgeführt wird, handele. Dass religiöse Symbole nun auch Bestandteil der Neuregelung seien, wurde als pauschal einschränkend und unnötig kritisiert.
Bei der Suche nach Lösungen ergaben sich in der Diskussion verschiedene Ansätze.
So sei es wichtig, Netzwerke zu bilden, um über gesetzliche Vorhaben rechtzeitig informiert zu werden und bei Bedarf aktiv werden zu können. Damit einher gehe die Notwendigkeit einer weiteren Professionalisierung von muslimischen Gemeinden sowie die Suche nach dem direkten Kontakt mit Bundestagsabgeordneten des eigenen Wahlkreises. Auch wenn aus der gesetzlichen Neuregelung des äußeren Erscheinungsbilds von Beamt_innen kein allgemeines Kopftuchverbot durch die Hintertür abzuleiten sei, so sei die Wirkung für Betroffene in erster Linie negativ, da sie generell den Eindruck einer ablehnenden Haltung zum Kopftuch verfestige.