„Wie aus Fundstücken der Vergangenheit ein Archiv für das Gedächtnis des Islams in Deutschland wird“
In Kooperation mit dem Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa und der AIWG veranstaltete das Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Universität Marburg mit der Archivschule Marburg einen Einführungskurs ins Archivwesen für Personen, die Zeugnisse des Islams in Deutschland dauerhaft erhalten wollen. Vom 13. bis zum 17. November 2023 kamen interessierte Einzelpersonen und Vertreter_innen von muslimischen Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen in Marburg zusammen, um sich erstes Fachwissen über das Archivwesen anzueignen. Finanziert wurde der viertägige Workshop von der Deutschen Islam Konferenz.
Muslimische Gemeinden in Deutschland stehen vor der Herausforderung, dass wichtige Zeugnisse der Geschichte des Islams in Deutschland von der losen Aufbewahrung sachkundig in Formen der Archivierung überführt werden müssen, um der deutschen Gesellschaft für die historische Erinnerung zur Verfügung zu stehen. Sonst gehen mit jedem Umzug, mit jedem Aufräumen und mit jedem Weggang von Zeitzeug_innen Erinnerungen verloren. Dabei besteht das Material neben Zeugnissen aus der Verwaltungsperspektive auch aus Fotos, Videos, Lehrmaterialien, Ankündigungen von Veranstaltungen, Briefen an den Vorstand als auch aus materiellen Zeugnissen wie etwa Mobiliar. All diese Zeugnisse erzählen eine Geschichte davon, wie Muslim_innen sich vor Ort über die Zeit hinweg organisiert haben, wie sich Gemeinden lokal entwickelten und veränderten.
Neben den Grundlagen der Bestandsbildung und Archivierung befassten sich die Workshop-Teilnehmenden mit dem Archivrecht und den Restaurationsmöglichkeiten von angegriffenen Archivalien. Expert_innen der Archivschule teilten ihre Kenntnisse und Erfahrungen ihrer langjährigen Arbeit mit den Kursteilnehmer_innen.
Die interessierten Teilnehmer_innen kamen mit Archivgut in direkten Kontakt und konnten sich ein reales Bild von mühsamer, aber wertvoller Archivarbeit machen.
Hintergrund für diese Veranstaltung ist es, die Geschichte des Islams in Deutschland als Teil der Geschichte Deutschlands zu sichern. In diesem Jahr feierte zum Beispiel die Ahmadiyya Muslim Jamaat ihr hundertjähriges Bestehen und der Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. sein 50. Jubiläum in Deutschland. Von der Sicherung der Bestände hängt es maßgeblich ab, wie sich Muslim_innen als Teil der deutschen Geschichte zukünftig selbst erinnern und in der deutschen Geschichte erinnert werden.
Der von der Deutschen Islamkonferenz finanzierte Archivkurs ist ein offener und konstruktiver Ansatz für eine Grundsteinlegung für die zukünftige Erinnerung des Islams in Deutschland gewesen.