MENTi-Austauschtreffen mit Professor Heiner Bielefeldt über eine Kooperationskultur in Sierra Leone
Am 23. September fand das erste Online-Austauschtreffen einer geplanten Reihe innerhalb des AIWG Mentoring-Programms MENTi statt. Als hochkarätigen und geschätzten Redner in diesem neuen digitalen Format für unsere Mentees durften wir Prof. Dr. Heiner Bielefeldt begrüßen. Er ist Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg und war bis 2016 UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Den thematischen Fokus der Veranstaltung legte Heiner Bielefeldt auf seine aufschlussreichen Erfahrungen aus seinem Ehrenamt als UN-Sonderberichterstatter: die interreligiöse sowie intermuslimische Kooperationskultur in Sierra Leone.
Als UN-Sonderberichterstatter sei er so beliebt gewesen wie ein Steuerfahnder, leitete Herr Bielefeldt seine Rede vor den Teilnehmer_innen aus drei Mentoring-Jahrgängen ein. Dieses aufwendige Ehrenamt neben seinem Beruf als Professor auszuüben, sei schon ein Knochenjob gewesen. Jedoch habe sich die viele Arbeit ausgezahlt.
Die Liste der von Bielefeldt, in seiner Funktion als UN-Sonderberichterstatter, bereisten Länder ist lang: Jordanien, Libanon, Bangladesch, Dänemark, Zypern, um nur einige zu nennen. Die westafrikanische Republik Sierra Leone beschäftigt Bielefeldt jedoch auch weiterhin. Es sei ein Land mit vielen Überraschungen. Denke man an Sierra Leone, assoziiere man Blutdiamanten, Kindersoldaten und Ebola. Doch in Sierra Leone bestehe eine religious open-heartedness, was mehr signalisiere als nur Toleranz. Es beschreibe eine religiöse Offenherzigkeit und ein Interesse am anderen. Religion im öffentlichen Raum von Sierra Leone sei schrill und laut, unüberhörbar und unübersehbar. Lastwagen würden mit religiösen Botschaften aus Islam und Christentum beschrieben.
Professor Bielefeldt nannte zahlreiche Beispiele für eine interreligiöse Kooperationskultur in Sierra Leone: Interreligiöse Ehen seien sowohl im urbanen Umfeld wie auch im ländlichen Bereich verbreitet. Am Supreme Court würden Richterinnen unterschiedlicher muslimischer Richtungen zusammenarbeiten. Die Lehrer- und Schülerschaft sei religiös breit gefächert, so dass man sich im Ethikunterricht auf Islam wie auf Christentum gleichermaßen beziehe.
Die anschließende Diskussion spann den Bogen zum hiesigen Kontext. So interessierte sich Dilruba Kam, Mentee aus dem ersten Jahrgang, dafür, welche Methoden aus der interreligiösen Kooperationskultur Sierra Leones auch in Deutschland Anwendung finden könnten. Bielefeldt erklärte, es ginge darum, die richtigen Fragen zu stellen – sie sollten konkret und praxisbezogen sein. Für gegenseitige Vertrauensarbeit bräuchte man sehr viel Zeit, diese soll man sich nehmen.
Heiner Bielefeldt bleibt uns als Gesprächspartner auch weiter verbunden. Wir danken Ihm für seine interessanten Ausführungen und freuen uns schon auf den nächsten gemeinsamen Austausch!