Muslimische Militärseelsorge in der Bundeswehr?
Am 20. Dezember hat die AIWG unter dem Titel „Auf dem Weg zu einer Militärseelsorge für Muslim_innen in der Bundeswehr. Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten“ ihren 25. Roundtable veranstaltet. An dem mittlerweile elften digital durchgeführten Roundtable nahmen 17 Wissenschaftler_innen, Vertreter_innen jüdischer, christlicher und muslimischer Religionsgemeinschaften sowie Vertreter_innen aus der Bundeswehr, dem Bundesministerium der Verteidigung und der Politik teil.
Nach der Begrüßung durch die AIWG begann der Roundtable mit einem Kurzimpuls zur Militärseelsorge für Muslim_innen in der Bundeswehr. Hierbei wurden sowohl die Voraussetzungen als auch strukturellen Hürden thematisiert. Seit 2012 gebe es Bemühungen für die Einführung einer Militärseelsorge für Muslim_innen, jedoch sei bis heute keine langfristige, tragbare Lösung gefunden worden. Dabei steige der Bedarf nach Militärimam_innen in Zukunft weiter an.
In einem zweiten Impuls wurde die Perspektive der islamischen Verbände erörtert und dabei betont, dass der seelsorgerische Bedarf muslimischer Soldat_innen vorhanden sei und vonseiten der islamischen Religionsgemeinschaften abgedeckt werden könne. Ebenso gebe es eine gesetzliche Grundlage für Militärseelsorge für Muslim_innen in der Bundeswehr, die durch die islamischen Religionsgemeinschaften als Partnerin organisiert werden könne.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass die Einschätzung der Gesetzeslage mitunter sehr unterschiedlich ausfiel. So sei in den gesetzlichen Regelungen nicht klar festgelegt, in welcher Form die Religionsgemeinschaften dieses Angebot gewährleisten dürften.
Wie kann die Ausbildung von Militärimam_innen aussehen?
Eine strukturelle Herausforderung sei auch, dass die religiöse Aufsicht über die Militärseelsorge nicht beim Staat liege, weil dieser weltanschaulich neutral sei. Der Staat brauche also auf muslimischer Seite Partner, die die religiöse Aufsicht über die Militärseelsorge übernehmen können. Hieran schloss sich die Frage nach der Repräsentation durch die islamischen Religionsgemeinschaften an. Dabei wurde betont, dass die Kirchen oder der Zentralrat der Juden durch ihre Organisationsstruktur für die große Mehrheit der Religionszugehörigen sprechen könnten. Die Heterogenität des Islams in Deutschland stelle hierbei keinerlei Problem dar, jedoch müsse sich ein Vertragspartner für die Militärseelsorge selbst organisieren und unbestritten sein.
Im zweiten Teil des Roundtable wurde erörtert, wie die Ausbildung von Militärimam_innen zukünftig aussehen könnte und welche Akteur_innen diese nach festgelegten und durch alle weiteren Akteur_innen akzeptierten Qualitätsstandards durchführen könnte.
Trotz teilweise konträrer Perspektiven im Hinblick auf Voraussetzungen, Umsetzungsmöglichkeiten oder Repräsentanzfragen waren sich alle Teilnehmer_innen einig, dass der Bedarf an Militärseelsorge für muslimische Soldat_innen weiter steige und dem bereits vorhandenen Bedarf Rechnung getragen werden müsse. Gleichzeitig zeigte sich, dass es an einer aktuellen wissenschaftlichen Studie fehlt, die den Bedarf differenziert erfasst und aus deren Ergebnissen konkrete Folgeschritte abgeleitet werden können. Die AIWG bot an, eine solche Studie mit ihrem Netzwerk und ihrer Expertise zu unterstützen.
Über den AIWG-Roundtable
Der AIWG-Roundtable bietet eine Plattform für den intensiven, vertrauensvollen Austausch und die Entwicklung von Lösungen zu gesellschaftsrelevanten Fragen des Islams in Deutschland. Weitere Informationen finden Sie hier.