Miteinander Ideen für TikTok entwickeln – sich füreinander stark machen
Beim zweitägigen plugether-Workshop am 23. und 24. September auf dem Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt erstellten die Teilnehmenden Videos für TikTok mit den drei Social Media Creator_innen Rosa Jellinek, Lisa Quarch und Marco Linguri. Vielfältige Perspektiven und auch religiöse Lebensgestaltung als Teil der Gesellschaft fanden dabei Einzug in die Inhalte. Rahmenpunkte wie ein interreligiöser Austausch untereinander und ein Mittagessen mit „Meet a Jew“ waren ebenso Teil des Programms.
AIWG-Geschäftsführerin, Dr. Raida Chbib, eröffnete feierlich den zweiten plugether-Workshop. Sie betonte in ihrer Begrüßung die Relevanz von Formaten wie plugether für unsere Gesellschaft und erläuterte die Grundidee des Projekts. Dass im Rahmen dieses Workshops den Teilnehmenden Raum für ihre unterschiedlichen Ideen und direkte Umsetzung gegeben werde, sei unter den aktuellen gesellschaftspolitischen Diskursen eine wichtige Möglichkeit, sich gemeinsam in Debatten, auch digital, einzubringen und sich Sichtbarkeit zu verschaffen.
Vielfalt als Bereicherung sichtbar machen
Die ersten beiden Übungen schlugen die Brücke zum Auftaktworkshop im Juli. Die Teilnehmenden äußerten den Bedarf an einem vermehrten interreligiösen Austausch, und sprachen über die Wahrnehmung eigener religiöser Identitäten, von der Gesellschaft, aber auch die eigene innere Haltung dazu. Die Teilnehmenden diskutierten dabei darüber, dass auch innerhalb der Gemeinden und religiösen Traditionen Themen durchaus kontrovers ausgehandelt werden. Teilweise würden allerdings im öffentlichen Diskurs und über (soziale) Medien Inhalte vermittelt, die extreme Positionen darstellten und nicht mit der Lebensrealität religiöser Menschen übereinstimmten. Damit steige das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen und das Gefühl, sich positionieren zu müssen. Dabei werde oft übersehen, dass Religionen viel mehr böten, als auf den ersten Blick erkennbar sei. Um Vielfalt als Ressource für den Frieden und als Bereicherung wahrzunehmen, fehle es teilweise an persönlichen Begegnungen. „Um ihrer Präsenz gerecht zu werden und Lebensrealität(en) abzubilden, muss Vielfalt auch zugelassen werden. Das bedeutet, auch vielfältige muslimische Stimmen sichtbar zu machen,“ so Hubeyb. Die plugether-Gruppe teilte die Ansicht von Hubeyb und befand, dass dies auch in den Medien verstärkt aufgezeigt werden müsste.
„Über den eigenen religiösen Tellerrand schauen“
Das koscher, vegane Mittagessen bot nicht nur ein kulinarisches Highlight, sondern schuf den Raum für einen Austausch mit drei ehrenamtlichen jungen Erwachsenen von Meet a Jew. Das Format ist ein vom Zentralrat der Juden initiiertes Projekt. Gesprächsthemen waren unter anderem die individuell gelebte Religionspraxis, Sprache und Konversion, aber auch der Alltag als sichtbar jüdische Person in Deutschland. Damit seien laut der Gesprächspartner_innen teilweise positive, aber auch negative Erfahrungen verbunden, die Sorge und Unsicherheit auslösten. Gleichzeitig sei es wichtig, kritisch zu hinterfragen, weshalb solche Begegnungsformate überhaupt initiiert werden müssten, dazu Neala: „Alle reden über mich, aber es wird nicht mit mir gesprochen. Das Schlimme ist, das gegeneinander ausspielen. Leid darf nicht relativiert werden, indem Positionen gegeneinander ausgespielt werden. Sowohl meine muslimischen Freunde, als auch ich als jüdische Person, haben ein Gefühl der Ohnmacht und man muss es schaffen, Angst zu durchbrechen, um Dinge zu hinterfragen und offen zu sein. Wir leiden alle sehr unter selektiver Empathie und selektivem Humanismus.“
TikTok ist ein Kulturort
Die plugether Teilnehmenden erhielten einen ersten Eindruck und theoretische Impulse zum Thema Soziale Medien. Die Content_Creator_innen Lisa Quarch, Marco Linguri und Rosa Jellinek sensibilisieren auf Instagram und TikTok mit ihren Videobeiträgen zu Themen wie Antidiskriminierung, religiöse Bildung oder antisemitische Verschwörungsmythen.
Lisa Quarch zeigte auf, dass analog und digital keine Gegensätze darstellen müssen. Niemand könne sich heutzutage der Digitalität entziehen, selbst wenn der/die Einzelne es möchte, da wir in einer digitalisierten Gesellschaft leben. Sie erläuterte das Konzept der „Kultur der Digitalität“, nach der auch Orte wie Instagram und TikTok mittlerweile zu relevanten Kulturorten geworden sind: Auch dort passieren „echte“ Dinge. Auch dort findet „Religion“ statt. Social Media wiederum beeinflusst auch die analoge Welt, in dem beispielsweise Transformationsprozesse angestoßen und bestehende Hierarchien aufgebrochen werden. Auf TikTok und Co. sind es vielmehr Geschichten und Themen, die zählen und für Reichweite sorgen. Das kann sehr positiv und selbstermächtigend sein, aber auch negativ und gefährlich, beispielsweise wenn Fake News bewusst gestreut werden, um Hass zu säen. Lisa Quarch findet, „Faith Spaces must be Safe Spaces” und dass das Verbinden von Themen durch und über unterschiedliche Religionen auch ganz viel Kraft und Energie entwickeln kann. Das zeigen sie und die anderen beiden Influencer_innen, Rosa Jellinek und Marco Linguri, im Praxisteil des Workshops, bei dem die plugether-Gruppe gemeinsam mit ihnen Content-Ideen und Inhalte für TikTok entwickeln. Anschließend vermittelte Rosa Jellinek in ihrem Beitrag „Social Media Know How“ erste praxisrelevante Inhalte und Marco Linguri stellte Methoden zur Themenfindung vor.
Und Action, die Kamera läuft
Im Praxisteil des Workshops diskutierten die Teilnehmenden darüber, was das eigene Thema und ihre Message auf TikTok sein könnte, was Nutzer_innen über ein bestimmtes Thema vielleicht noch nicht wissen und welche Inhalte einen Mehrwert darstellen könnten. Es sollte damit auch ein Zeichen gesetzt werden, dass Religion viele wichtige Potenziale birgt. In den Gruppen wurden Drehskripte geschrieben, bevor es danach ans Aufnehmen der Videos ging. Am Ende von zwei vollen Workshop-Tagen rund um Social Media entstanden in allen drei Kleingruppen mit tatkräftiger Unterstützung der Social Media Creator_innen Videos zu ganz unterschiedlichen Themen aus Sicht der plugether-Teilnehmenden. Gespannt blicken wir auf das nächste Treffen Mitte Oktober, bei dem die Teilnehmenden digital zusammenkommen werden, um ihre finalen Videos vorzustellen und miteinander zu diskutieren. Die Veröffentlichung der Videos erfolgt im weiteren Verlauf des Projekts.
Über das Projekt plugether
Haben wir Sie neugierig gemacht und Sie haben Interesse, selbst ein Teil von plugether zu werden? Sie können unsere mehrheitlich muslimisch und christliche Gruppe durch eine weitere religiöse Perspektive bereichern? Dann können Sie sich mit einem Motivationsvideo hier bewerben und weitere Projektinformationen einholen.
Das Projekt plugether schafft Räume für die Perspektiven junger engagierter Erwachsener aus verschiedenen Communitys auf aktuelle Herausforderungen unserer pluralen Gesellschaft. Hier können sie in einen Dialog treten und ihre Erfahrungen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere mit Blick auf die Sozialen Medien, teilen.
Das Projekt wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus.
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