Fünf Jahre Erfassung islamfeindlicher Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik
Am 17. Februar hat die AIWG ihren 26. Roundtable zur „Erfassung islamfeindlicher Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik“ veranstaltet. An dem mittlerweile zwölften digital durchgeführten Roundtable nahmen 17 Wissenschaftler_innen sowie Vertreter_innen aus Sicherheitsbehörden, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Initiativen teil.
Nach der Begrüßung durch Ulrich Paffrath, Koordinator für Wissenstransfer an der AIWG begann der Roundtable mit einem Kurzimpuls über die Erfassung von islamfeindlichen Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik. Laut Kurzimpuls sei die Kriminalstatistische Datenlage noch sehr lückenhaft. Eine Verbesserung dieser Daten sei für die Wissenschaft wichtig, um Gründe und Motive für Hasskriminalität und Übergriffe auf Moscheen identifizieren zu können.
Der zweite Impulsvortrag beleuchtete islamfeindliche Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik. Im Jahr 2020 seien laut dem Vortragenden 1.026 islamfeindliche Straftaten erfasst worden, wovon 92% von Rechtsextremisten verübten worden seien. Der Vortrag unterstrich, dass bei rechtsextremistisch motivierter Hasskriminalität vor allem die Themen Islam-und Muslimfeindlichkeit, sowie die Asylpolitik zentral seien. Islamfeindlichkeit würde auch als ein strategisches Element der Neuen Rechten deutlich werden. Abschließend wurde auf Gegenmaßnahmen der Politik bezüglich rechtsextremistischer Hasskriminalität verwiesen, wie dem „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ des Bundesinnenministeriums, der im April vorgestellt werden soll.
Die anschließende Diskussion wurde mit der Frage eröffnet, wie sich muslimfeindliche Straftaten definieren lassen und statistisch erfasst werden. Während Sicherheitsbehörden „nur“ Strafanzeigen erfassen, nehmen zivilgesellschaftliche Initiativen auch Fälle muslimfeindlicher Diskriminierung auf. Seitens der Sicherheitsbehörden wurde erklärt, dass Fälle, bei denen ein islamfeindliches Tatmotiv erkennbar sei, an die Landeskriminalämter weitergeleitet würden. Ob diese Fälle schließlich als Hasskriminalität registriert würden, sei nicht zu garantieren.
Wie kann die Meldebereitschaft bei Betroffenen erhöht werden?
Die mangelnde Meldebereitschaft von betroffenen Moscheegemeinden und Muslim_innen sei auch einer der Faktoren für die fehlenden Daten über Islamfeindlichkeit in der polizeilichen Kriminalstatistik. Einer der Hauptgründe für die mangelnde Meldebereitschaft sei die niedrige Erfolgsquote von Meldungen islamfeindlicher Übergriffe. Ein Großteil der gemeldeten Fälle würde weder als Hasskriminalität anerkannt noch strafrechtlich verfolgt werden. Die Vertrauensbildung zwischen Betroffenen und Behörden sei bei diesen Schnittstellen von Meldung und Erfassung sehr wichtig.
Außerdem wurde angemerkt, dass es Moscheegemeinden auch an professionellem Personal und finanziellen Ressourcen fehle, weshalb viele bei der Kommunikation mit der Polizei überfordert seien. Hieran schloss sich die Frage an, ob und wie zivilgesellschaftliche Organisationen und Beratungsstellen ihre Unterstützung anbieten könnten, um eine Kommunikation auf Augenhöhe zu gewährleisten.
Trotz unterschiedlicher Meinungen und Herangehensweisen mit Blick auf die mittlerweile seit fünf Jahren stattfindende Erfassung von islamfeindlichen Hasstaten durch den polizeilichen Staatsschutz waren sich alle Teilnehmer_innen einig, dass es einen hohen Bedarf nach Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit in der Polizei sowie in den Moscheegemeinden gebe. Sicherheit müsse stärker gesamtgesellschaftlich gedacht werden. Gleichzeitig zeigte sich, dass ein Abgleich der von Polizei und zivilgesellschaftlichen Initiativen erhobenen Daten mit einem enormen zeitlichen Aufwand verbunden sei. Die AIWG bot an, eine solche Arbeit innerhalb ihres Netzwerks und mit ihrer Expertise zu unterstützen.
Über den AIWG-Roundtable
Der AIWG-Roundtable bietet eine Plattform für den intensiven, vertrauensvollen Austausch und die Entwicklung von Lösungen zu gesellschaftsrelevanten Fragen des Islams in Deutschland. Weitere Informationen finden Sie hier.