AIWG-Jahresrückblick 2025
Die AIWG blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2025 zurück. Ein Jahr voller Impulse, neuer Projekte und zahlreicher Begegnungen. Für das uns entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns bei unseren Förderer_innen, Partner_innen und Unterstützer_innen herzlich bedanken. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir das Jahr noch einmal Revue passieren lassen.
Neue Fellows, neue Perspektiven
Von Notfallseelsorge bis Sufi-Leben: 2025 konnte die AIWG drei neue Fellows an der Akademie begrüßen. Forschungsfellow Prof. Thomas Lemmen untersucht den Einbezug von Muslim_innen in die Notfallbegleitung, während unsere AIWG-Praxisfellow Negah Angha mit ethnografischer Forschung und Fotografie sufische Präsenz in Deutschland sichtbar macht. Und Fotograf und Praxisfellow Eckhard Ahmed Krausen dokumentiert muslimisches Leben und Architektur in Europa – ein Bildband ist in Arbeit.
Zuwachs hat 2025 auch unser AIWG-Board bekommen: Seit April sind erstmals Hochschulstandorte aus Österreich und der Schweiz vertreten. Mit Wien, Innsbruck und Fribourg stärkt die Akademie ihre länderübergreifende Zusammenarbeit im deutschsprachigen Raum.
Erfolgreiche Verbundforschung
2025 konnte die AIWG-Projektwerkstatt „Falsafa in die Schule“ wichtige Impulse für die Bildungslandschaft setzen. Ende Juni kamen Expert_innen zum dritten interdisziplinären Treffen zusammen. Diskutiert wurden unter anderem die Definition von Falsafa und ihr Verhältnis zur Islamischen Theologie. Ab November bot eine digitale Webtalk-Reihe Sitzungen für Lehrkräfte und Studierende. Vorgestellt wurden zentrale islamische Philosophen vom 10. Jahrhundert bis heute – ergänzt durch praxisnahe didaktische Impulse. In unserem Interview mit dem Projektteam wurde deutlich: Falsafa ist bislang kaum in Curricula verankert, obwohl sie wertvolle Beiträge für Ethik und Religionsunterricht liefert.
Drei Konsultationen, ein großes Ziel: Die AIWG-Projektwerkstatt „Religiöse Bildung an den Lernorten Schule und Moschee“ brachte 2025 Wissenschaft und Praxis zusammen. Von der Verhältnisbestimmung beider Lernorte über die Kerninhalte religiöser Bildung bis hin zum Blick über den Tellerrand in jüdische und christliche Pädagogik – die Diskussionen zeigten, wie wichtig differenzierte Ansätze für eine zukunftsfähige Bildung sind. Welche Aufgaben die beiden Lernorte schon jetzt erfüllen, erzählten uns die beiden Projektleiterinnen dieses Jahr im Interview.
Die AIWG-Forschungsgruppe „Islam und Digitalität“ blickt ebenfalls auf ein ereignisreiches Jahr zurück. Im September präsentierte sie ihre Forschung in drei Panels beim 35. Deutschen Orientalistentag (DOT) in Erlangen-Nürnberg. Diskutiert wurden zentrale Fragen zur Rolle von Geschichte in der Identitätskonstruktion von Muslim_innen online, zur Vermittlung islamischer Ethik in audiovisuellen Medien und zu digitalen Methoden für die Hadithforschung. Im Oktober folgte das interdisziplinäre ITS-Colloquium in Erfurt, bei dem Wissenschaftler_innen aus Theologie und Religionswissenschaft Social-Media-Praktiken religiöser Influencer_innen untersuchten. Ein interreligiöser Vergleich zeigte spannende Parallelen in der Nutzung religiöser Sprache und Formate.
Auch die AIWG-Forschungsgruppe „Mit dem Propheten Muhammad ins Gespräch kommen“ kann 2025 auf einen großen Meilenstein zurückblicken. Im Oktober fand die Ausstellung „Erzähl mir von deinem Propheten“ mit anschließender Podiumsdiskussion in der Islamischen Gemeinde Wilhelmsburg im Rahmen der Hamburger Islamwoche 2025 und in Kooperation mit der Schura Hamburg statt. Schüler_innen zeigten selbst gestaltete Plakate zu ihren persönlichen Zugängen zum Propheten Muhammad. Auf dem Podium diskutierten Vertreter_innen aus Theologie, Pädagogik, Kirche und Moschee mit rund 100 Gästen über Prophetenbilder, religiöse Bildung und den Beitrag des Islamischen Religionsunterrichts zum Abbau von Vorurteilen.
Unsere Live-Talks
Wie können Theologien Wittgensteins Einsichten über Sprache und Religion aufgreifen und fruchtbar mit Judentum, Christentum und Islam in Beziehung setzen, um die Grammatik des Wortes „Gott“ neu zu beleuchten? Wie prägt die „Grammatik“ des Wortes „Gott“ das religiöse Denken und Erleben? Antworten gab unser Live-Talk Anfang Juli, bei dem wir unter anderem mit den Herausgeber_innen des Sammelbands „The Grammar of ‘God’ in Judaism, Christianity and Islam“ diskutierten. Den Mitschnitt gibt es auf dem YouTube-Kanal der AIWG.
Beim AIWG Live-Talk im November stand der islamische Religionsunterricht im Mittelpunkt. Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis diskutierten, was funktioniert, wo es hakt und wie Kompetenzen im IRU gestärkt werden können. Vier zentrale Fragen führten durch die Debatte – der Mitschnitt bleibt online verfügbar.
Unsere Veröffentlichungen
Mit unserem AIWG-Dossier „Muslimische Frauenorganisationen in Deutschland als Akteurinnen sozialen Wandels“ haben wir in diesem Jahr gezeigt, wie engagiert muslimische Frauen seit Jahrzehnten wirken. Autorin Fatima El Sayed, Praxisfellow Alumna, liefert nicht nur wichtige Einblicke in Strukturen und Herausforderungen, sondern auch eine Deutschlandkarte, die die lebendige Landschaft weiblichen Engagements sichtbar macht.
Der erschienene Sammelband „Dynamics of Tradition: Islamic Theology and Law in Relation“ unserer AIWG-Shortterm-Forschungsgruppe beleuchtet in neun interdisziplinären Beiträgen die historischen Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen islamischer Theologie (kalām) und Rechtslehre (uṣūl al-fiqh). Die Veröffentlichung bietet neue Perspektiven auf klassische Debatten, untersucht die Verflechtung von Theologie und Recht und widmet sich prägenden Persönlichkeiten beider Disziplinen.
Und mit der neuen Handreichung zur Umweltbildung im Islamischen Religionsunterricht lieferte die AIWG 2025 Unterrichtsentwürfe und Materialien, mit denen Lehrkräfte Themen wie Artenschutz, Plastikvermeidung oder nachhaltigen Konsum im Unterricht aufgreifen und junge Menschen zu umweltbewusstem Handeln motivieren können.
Gemeinsam TikToken – das Dialogprojekt plugether
Mehrere Content-Creation-Workshops, zwei große feierliche Veranstaltungen mit spannendem Exkursions- und Rahmenprogramm, die zur Halbzeit ins politische Berlin und zum Abschluss ins Haus der Religionen nach Hannover führten, 17 TikTok-Videos – das sind nur einige Ergebnisse nach zwei Jahren erfolgreicher plugether Projektarbeit. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, brachte das Projekt seit 2024 junge Erwachsene aus ganz Deutschland mit Content-Creator_innen zusammen, um unter professioneller Anleitung Videoinhalte für die Social Media Plattform TikTok zu produzieren. Im Fokus: Ideen und Perspektiven zu religions- und gesellschaftspolitischen Themen der 18- bis 30-jährigen plugether-Teilnehmenden sicht- und hörbar machen. Im Rahmen des Projekts untersuchten Wissenschaftler_innen am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der Ruhr-Universität Bochum 2025 „religiöse und gesellschaftspolitische Kommunikation und deren Rezeption auf Tiktok“. Die Ergebnisse werden im kommenden Jahr veröffentlicht.
Debatten wissenschaftlich einordnen und versachlichen
Im Blog der Experten-Initiative Religionspolitik beleuchtete AIWG-Direktor Prof. Dr. Bekim Agai „Stand und Perspektive der Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden in Deutschland“. Er zeigte auf, wie muslimische Gemeinden neben religiösen zunehmend soziale, pädagogische und integrative Aufgaben übernehmen und welche Qualifizierungswege – von verbandseigenen Ausbildungsstätten über universitäre Weiterbildung bis hin zu gemeindebasierter Wissensvermittlung – bestehen.
AIWG-Geschäftsführerin Dr. Raida Chbib thematisierte in ihrem Beitrag auf Qantara.de die Entwicklungen und Herausforderungen des islamischen Religionsunterrichts in Deutschland. Sie betonte die Bedeutung qualifizierter Lehrkräfte, transparenter Strukturen und gesellschaftlicher Anerkennung für die Etablierung des Fachs. Im Interview mit der Islamischen Zeitung sprach sie zudem über die institutionelle Entwicklung der Islamischen Theologie und die Rolle reflektierter religiöser Bildung für eine pluralistische Gesellschaft.
Ausblick
Mit Vorfreude blickt die AIWG auf das Jahr 2026 und auf ihren zweiten Fachkongress „Von Texten und Kontexten: Islamische Theologie zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, der vom 11. bis 13. Juni 2026 in Frankfurt am Main stattfinden wird. Auch unsere AIWG-Forschungsgruppe Islam und Digitalität wird im Juli zur großen Abschlusskonferenz laden. Neben zahlreichen Veranstaltungsformaten freuen wir uns auf mehrere Neuerscheinungen, die wir 2026 über unsere Publikationsformate veröffentlichen werden. Darunter eine Handreichung aus dem Dialogprojekt plugether sowie eine AIWG-Expertise zur Gefängnisseelsorge.
Das AIWG-Team verabschiedet sich in eine kurze Winterpause. Ab dem 9. Januar sind wir wieder durchgängig erreichbar.






