„Wir wollen junge Erwachsene stärker sicht- und hörbar machen.“
Ende Juli hat der erste plugether-Workshop erfolgreich auf dem Campus Westend stattgefunden. Anlass genug, für ein Gespräch mit unserem Projektteam zum neuen Dialogprojekt. Wir wollten wissen: wer sind die plugether-Teilnehmenden, welche Highlights warten noch im Projekt und was erhofft sich das Projektteam von plugether? Das Dialogprojekt wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan.
Im Juni ist der Startschuss für eine Teilnahme am neuen Dialogprojekt plugether gefallen. Was sind die Hauptziele von plugether und welche gesellschaftlichen Themen werden im Projekt behandelt?
Catharina Iyer, Projektleitung: Die Hauptziele von plugether sind es, eine Gruppe junger und engagierter Menschen zusammenzubringen und gemeinsam über Lösungen für aktuelle Herausforderungen unserer Gesellschaft reflektieren zu lassen. Bei plugether wollen wir junge Erwachsene, die sich verschiedenen religiösen Communitys zugehörig fühlen und offen für den interreligiösen Austausch sind, stärker sicht- und hörbar machen. Wir unterstützen sie dabei ihr Potenzial voll zu entfalten, damit sie ihre Fragen und Forderungen nach gesellschaftlicher Teilhabe äußern können.
Sabine Ahmadzai, Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Die gesellschaftlichen Themen, die uns im Projekt inhaltlich beschäftigen, sind unter anderem gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in ihren verschiedensten Ausformungen und intersektionale Diskriminierung. Dazu gehört Antisemitismus ebenso wie antimuslimischer Rassismus, aber auch Queerfeindlichkeit, Rassismus oder Ableismus. All diese Formen der Anfeindung finden sich leider auch in den Sozialen Medien wieder. Das Projekt rückt daher ganz bewusst Instagram, TikTok und Co in den Fokus. Gemeinsam mit den Teilnehmenden wollen wir bei plugether durch eigene Inhalte für mehr Diversität und Meinungspluralität auf Social Media sorgen.
Der Bewerbungsprozess für eine Teilnahme am Projekt ist bereits abgeschlossen. Könnt ihr uns mehr darüber erzählen, wer die jungen Menschen sind, die sich jetzt bei plugether engagieren?
Sabine Ahmadzai: Das stimmt so nicht ganz. Zwar besteht unsere plugether Gruppe derzeit aus 13 facetten- und ideenreichen jungen Persönlichkeiten, sie ist aber immer noch am Wachsen und wir freuen uns, wenn weitere Perspektiven und engagierte Personen zu uns stoßen. Aber zurück zu den Teilnehmenden. Die meisten von ihnen fühlen sich einer bestimmten Religionsgemeinschaft und Gemeinde zugehörig, engagieren sich ehrenamtlich und möchten etwas Positives für den Zusammenhalt in unserer pluralen Gesellschaft bewirken. Außerdem sind sie interessiert an der Begegnung in einer multireligiösen Gruppe und am Austausch unter verschiedenen religiösen Perspektiven. Unsere Teilnehmenden möchten gerne neue Denkanstöße von plugether mitnehmen und durch vielleicht neue Sichtweisen eine Bereicherung erfahren. Außerdem wollen sie einen Beitrag dazu leisten, langfristig nachhaltige Lösungen für Probleme und sensible Themen wie Rassismuserfahrungen in unserer Gesellschaft zu finden. (Mehr über unsere plugether-Teilnehmenden erfahren)
Ende Juli hat bereits der erste Workshop im Projekt stattgefunden. Worum ging es bei der Veranstaltung und was haben die Teilnehmenden von plugether mitnehmen können?
Sabine Ahmadzai: Bei unserem ersten Workshop ging es vor allem darum, die interreligiöse Gruppe junger Erwachsener im Miteinander zu stärken und durch eine ausgiebige Kennenlernphase in verschiedenen Übungen eine erste Vertrauensbasis, oder sogar Safer Space, für die weitere fruchtbare Zusammenarbeit herzustellen. Die Teilnehmenden gaben an, Aspekte aus dem Input zum interreligiösen Dialog während des Workshops gerne mit in ihre Gemeinde zu nehmen. Sie sind motiviert, auch dort verstärkt Formate zu initiieren. Allerdings haben sie festgestellt, dass Dialog Vertrauen und Zuhören braucht und auch kritische Aspekte berühren kann. Was aber in Ordnung ist, wenn der Dialog auf einer wirklich tiefen Ebene geführt wird. Darüber hinaus hat sich die Gruppe über eigene Diskriminierungserfahrungen ausgetauscht. Im Anschluss daran haben die Teilnehmenden in einer Diskussionswerkstatt reflektiert, welche Bedarfe und Handlungsmöglichkeiten sie als junge Mitglieder verschiedener Religionsgemeinschaften in unserer Gesellschaft sehen. In kleinen Projektgruppen werden sie diese Ideen nun weiter ausarbeiten. Ihre Anregungen möchten sie später an die Politik herantragen.
Welche besonderen Highlights sind während des Projekts noch geplant, auf die sich die Teilnehmenden freuen können?
Muhammed Ahmed, Veranstaltungskoordinator: Ein absolutes Highlight wird sein, dass wir den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, mit ausgewählten Content-Creator_innen eigene Inhalte für Social Media zu erarbeiten. Die von uns eingeladenen Influencer_innen setzen sich aus religiöser Motivation oder Identifizierung heraus mit Themen wie Religion, Kultur und pluraler Gesellschaft, aber auch mit Diskriminierung und aktuellen Geschehnissen auf Social Media auseinander und leisten dort Aufklärungsarbeit, beispielsweise zu antisemitischen Verschwörungsmythen, die in unserer Gesellschaft existieren. Als eine Art Mentor_innen werden sie unserer Gruppe mit ihrer Expertise zur Seite stehen und sie beim Erstellen von kreativen und bildungspolitischen Inhalten anleiten und unterstützen.
Wie plant ihr, den Austausch zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften zu fördern?
Catharina Iyer: In erster Linie fördert das Projekt den Austausch zwischen jungen Erwachsenen, die sich selbst als religiös verstehen, sich verschiedenen religiösen Communities zugehörig fühlen und sich in großen Teilen auch in diesen ehrenamtlich engagieren. Wir wollen ihre Religionszugehörigkeiten als produktive Ressource nutz- und sichtbar machen. Besonders wichtig ist uns, dass sie sich innerhalb des Projekts in einem vertraulichen Rahmen untereinander austauschen können, d.h. ihre Erfahrungen in den von uns geschaffenen Räumen durch entsprechende Veranstaltungsformate, sowohl analog als auch digital teilen, weil sie den Raum als sicher und bereichernd empfinden. Wir hoffen, dass sie ihre Erfahrungen aus dem Projekt in ihre Gemeinden und/oder Communitys tragen und auch hier diese Ideen und Räume fortführen können. Zudem laden wir zu unseren Veranstaltungen gezielt Akteur_innen verschiedener Religionsgemeinschaften ein, sodass die Teilnehmenden neue Impulse mitnehmen, Perspektivwechsel einnehmen und ihr bestehendes Netzwerk erweitern können. Während wir im Juli eine hinduistische Gemeinde in Frankfurt besucht haben, werden wir bei unserem nächsten Workshop im September junge Erwachsene der Initiative „Meet a jew“ treffen.
Plugether möchte junge Menschen für jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sensibilisieren. Dabei legt das Projekt ein besonderes Augenmerk auf Social Media. Welche Rolle spielen Social Media im Projekt „plugether“?
Muhammed Ahmed: Social Media birgt Gefahren. Social Media wohnt aber auch ein großes Potenzial inne. Wir wollen junge Erwachsene dazu empowern, sich selbstbewusst mit ihren Themen und Anliegen auf Social Media einzumischen und einzubringen. Denn wir sind überzeugt davon, dass Demokratie von Vielstimmigkeit lebt und Religionen eine positive Ressource für das gesellschaftliche Miteinander sein können. Dafür ist es unerlässlich, unseren Teilnehmenden das mediendidaktische und handwerkliche Rüstzeug mit zu geben, eigene Inhalte zu erstellen, souverän mit kritischen Kommentaren umgehen zu können bzw. Strategien für den Umgang mit Hasskommentaren zu erlernen. Gemeinsam mit der plugether Gruppe unternehmen wir den Versuch, positive und konstruktive Videoinhalte zu erarbeiten. Wir möchten, dass TikTok und Co sichere Orte des Austauschs und der Begegnung für alle sind. Ganz im Sinne einer pluralen Demokratie, in der vielfältige Perspektiven und Stimmen deutlich hör- und sichtbar sind.
Was erhofft ihr euch langfristig vom Projekt in Bezug auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Catharina Iyer: Wir hoffen, dass das Projekt nicht nur dazu beiträgt, junge Menschen miteinander in den Austausch über gesellschaftliche Anliegen zu bringen, sondern auch ihre Anliegen sichtbar zu machen. Für uns ist wichtig, dass die Teilnehmenden gestärkt aus plugether herausgehen können, um in ihrer Rolle als Multiplikator_innen auch über das Projekt hinaus zu wirken und einen positiven Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten.
Was macht euch als Projektteam am meisten Spaß bei plugether? Was ist für euch als Projektteam das Besondere an plugether?
Sabine Ahmadzai: Mir macht vor allem Spaß, dass hier kreative und organisatorische Aspekte neben den spannenden Inhalten zusammenlaufen. Die Mitarbeit bei plugether vermag es auf besondere Weise, mediale und gesellschaftsrelevante Themen zu verbinden, so dass es höchst abwechslungsreich ist.
Muhammed Ahmed: Außerdem ist es einfach toll, dass wir durch die Einbeziehung von Social Media die Teilnehmenden und ihre wertvollen Ideen, Anregungen und Sichtweisen nach außen tragen können.
Catharina Iyer: Es ist schön, einen wirksamen Anteil daran zu haben, junge Menschen zusammenzubringen und ihnen eine Plattform für ihre Ideen und Perspektiven zur Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenhalts geben zu können.